2020 APRIL
Aus Qarantäne wird Ferienaufenthalt in den Flumserbergen
Rückflug von Buenos Aires nach Zürich am Sonntag, 19. April 2020
„Lieber Gott, kannst du bitte 2020 löschen und neu installieren? Es hat einen Virus! Danke.“
So lustige Einfälle werden herumgeschickt. Wie das Video mit dem Buben, der Bundesrat Alain Berset am Fernseher sprechen sieht. Er ruft begeistert seine Mama herbei: „de Virus chann rede, Mama. Mama, der Virus chann rede“. Mit Humor schafft man die Einschränkungen besser.
Am 28. April schickt mir Roger eine Nachricht betreffend Argentinien: „bis Ende August dürfen keine Flugtickets mehr verkauft werden, weder von noch nach Argentinien! Auch nicht für Inlandflüge.“ Das hätte mich hart getroffen, wäre ich dieser totalen Sperre nicht entkommen.
Jetzt aber wohne ich seit dem 19. April in einer Ferienwohnung in den Flumserbergen. Sehr komfortabel. Allein zwar im grossen Raum, der aber wird gefüllt mit allen technisch möglichen Kontakten zu Verwandten und Freunden. Und Auslauf habe ich gleich vor dem Hauseingang, wo ich fast täglich für Stunden wandere und die Frühlingsboten der Bergwelt bewundere.
Es kommt mir vor wie der Rütlischwur der Freundschaft, als ich mich mit Béatrice und Urs an einem Sonntag auf der Alp Bödem zu einem 2 Meter Picknick treffe.
Die Tage der freiwilligen Quarantäne sind um. Mir gefällt es dermassen in der Einsamkeit der Flumserberge. Theres und Hans erlauben mir, die Quarantäne in einen längerfristigen Ferienaufenthalt zu verwandeln. Sooou schööön!
Ein paar Ausflüge werden möglich. Ein Halbtaxabo auf dem Bahnhof in Sargans SG bestellen. Eine Brille in Buchs SG anpassen. Die Steuererklärung in Rotkreuz ZG unterzeichnen und Kies tragen in Merlischachen SZ.
Am Dienstag, 26. Mai 20 fahre ich mit dem ICE in Begleitung von Werner Berger hoch nach Hamburg. Die letzte Ungewissheit, ob die deutsche Bundespolizei uns mit der Begründung „dringend“ über die Grenze fahren lässt, wird dann geklärt sein. Werner und Silvia habe ich in der letzten Hotelnacht in Buenos Aires kennen gelernt. Werner holt seinen LKWCamper ab.
Hamburg sei ein Hotspot an Corona gewesen. Es finden sich relativ wenige Leute auf dem Bahnhof. Sehr viele auch junge Leute tragen Masken auf der Strasse. In den Geschäften ist Maskenpflicht obligatorisch, ansonsten gibt es hohe Busen für beide Seiten.
Am Hafen in Hamburg werden unsere Dokumente zügig behandelt. Beschädigt wurde auf dem Schiff von Grimaldi nichts an meinem Womo und diesmal auch nichts geklaut. Die Speditionsfirma und die Zollbeamten wollen nichts sehen und stellen uns die Papiere aus. Nach einer Stunde verlassen wir das Hafengelände mit unseren Vehikeln.
Mein Bruder Ernst spottet: zum Glück gibt es eine Menge Garagen von Hamburg bis nach Vilters und mein Freund Albert meint, er wolle nicht den Teufel an die Wand malen, aber zum Glück sei auf dieser Rückfahrt in die Schweiz ein LKW dabei! Ihr Spötter und Zweifler, ihr werdet schon sehen! Mein Womo ist fit wie noch nie…
Die Briede am Pluspol der Batterie ist das einzig Leidige an der Fahrt. Nach jedem Motorstopp muss ich den Motorraumdeckel öffnen, das Kabel auf den Pol drücken und rütteln. Dann startet der Motor wieder. Nach jeder Pause, nach jedem Tanken, nach der Nacht bei Bekannten, immer dasselbe!
Die Nacht verbringen wir bei Reisebekannten südlich von Paderborn und geniessen die Grillade am Abend und das Frühstück. Die erste Nacht im Womo verpasse ich trotz monatealtem argentinischen Staub um mich herum in tiefem Schlaf. Sooou schööön!
Am Donnerstag, 27. Mai parke ich am Abend bei Iveco Fürk AG in St. Gallen. Am Freitag wird die Polgeschichte repariert. Das kriegt der Fachmann in einer halben Stunde hin. Auch die Sicherung für die Scheibenwischeranlage, die am Vorabend kaputt ging, wird rasch ersetzt. Just beim Einfahren in die Werkhalle stellt Simon fest, es tropft eine Flüssigkeit unter dem Motor. Seine Nase sagt, es ist Diesel. Die Argentinier haben statt einen Dieselschlauch zur Dieselrückführung einen Luftschlauch eingebaut. Der hält dem Diesel nicht stand. Das Auswechseln belegt fast den ganzen Vormittag. Schliesslich machen sich die Mechs noch daran, mir das grosse Loch in der Garage fachmännisch zu flicken. Du erinnerst dich? Beim Verladen des Womos auf den kleinen Abschlepper wurde eine Stütze abgerissen. Daher das grosse Loch. Roman macht noch etwas Überzeit zu meinen Gunsten, dann verlasse ich während der Mittagspause das Gelände bei Fürk AG.
Am Nachmittag baut CCC Arbon zwei neue Gastankflaschen ein. Platzmässig eine knifflige Arbeit. Das Begrenzungslicht, das bei dem oben beschriebenen Transport nach Punta Arenas auf der Fähre ebenfalls am Hinterteil meines Womos abgequetscht wurde, wird ersetzt. Arbon sei Dank. Danach fahre ich nochmals bei Fürk AG vorbei, um die klemmende Gangschaltung vollends zu justieren.
Jetzt nur noch nach Wil, um die Gastankflaschen zu füllen. Nach der Autobahnausfahrt steht versteckt um die Ecke ein Auto und bewegt sich bei grünem Licht an der Ampel nicht vorwärts. Ein Fahrer hinter ihm schert aus. Ich bin der nächste. Hinter dem Rücken meines breitschulterigen Womos bäumt sich eine Schlange auf. Ich setze die Warnanlage in Gang, steige gekonnt mit der Warnweste in den Verkehr und geh mal nachfragen, was da vorne fehlt. Ein ganz schön altes Paar sitzt im Auto. Der Mann dreht und dreht den Zündschlüssel immer wieder. Der Motor springt nicht an. Ich offeriere, mit meinem Handy den TCS anzurufen, was sie dankend annehmen. Die Pannenhilfsdame will einfach nicht begreifen, wo wir stehen: „von St. Gallen herkommend auf der Autobahnausfahrt bei Wil Richtung Toggenburg.“ Lange Funkstille. „Sind Sie noch da,“ frage ich während ich den Schlangenstehenden hinter mir Zeichen gebe, sie sollen auf die zweite Spur wechseln. „Ja, ich bin noch da. Aber ich kann diese Ausfahrt nicht finden. Wie schreibt man denn Toggenburg, mit D oder mit T?“ Nach wiederum einer Funkstille: „Jetzt habe ich die Ausfahrt gefunden. Sie stehen also dort auf der Autobahn.“ „Nein, in der Ausfahrt vor der ersten Ampel.“ „Ich kann da nichts sehen,“ entgegnet sie. „Liebe Frau, wir haben ein Problem. Ich kann Ihren Bildschirm nicht sehen und weiss nicht, was Sie sehen. Und Sie können meine Position in der zweispurigen Ausfahrt nicht sehen. Ich muss jetzt abbrechen und anderswie Hilfe holen,“ entgegne ich ihr immer noch höflich und hilfsbereit. In diesem Moment dreht der, wie mir scheint, ganz alte Mann mit einem grossen Fliegerabzeichen auf dem Revers, er war, glaube ich, mal Pilot, den Schlüssel und der Motor springt an und heult bei Vollgas. „Stopp, sage ich ins Telefon, der Motor ist eben angesprungen. Ich muss jetzt aufhängen und schnell den Verkehr freigeben“ und beende das Gespräch, bevor sie wieder damit anfängt, ich weiss nicht, wo sie stehen! Der, wie mir scheint, ganz alte Mann drückt mir eine zerknüllte Note in die Hand. Auch diese Geste deutet darauf hin, dass er ein ganz alter Mann ist. Jüngere Männer machen das nicht mehr. So alte Männer aber regen sich meistens auf, dass sich unser modernes Schweizergeld nicht mehr so einfach zusammenknüllen lässt. Das muss man doch können, um in solchen Situationen schnell so ein kleines Dankeschön zur Hand zu haben. „Nehmen Sie das Gas zurück und versuchen Sie mal ganz ruhig zur Ampel nach vorn vorzufahren,“ das sind meine letzten Worte, dann wechselt die Ampel auf grün und der, wie mir scheint, ganz alte Mann gibt Gas und rauscht wie ein Flieger davon. Als ich auf der Raststätte in Richtung St. Gallen in Sicherheit bin, rufe ich den TCS nochmals an, um die Situation zu erklären. Ja, sagt eine andere Pannenhilfsdame, es sei noch eine Meldung offen mit dem Vermerk: der Motor läuft wieder! Und bedankt sich für die Klärung.
An dieser Autobahntankstelle bei Wil fülle ich die Gasflaschen. Die Leitungen sind dicht. Nach dem Bezahlen fühle ich Erleichterung. Alles Vorhergesehene und Unvorhergesehene dieses Tages scheint zufriedenstellend gelöst zu sein. Auch auf mein heutiges Gutes Werk darf der ganze Himmel stolz sein.
Was ist der nächste Schritt? Klar: Starten und dazu den Zündschlüssel nicht in der Luft, sondern im Schloss drehen. Das mache ich richtig, aber kein Wank. Motorhaube auf, rütteln und drücken am Batteriekabel wie schon acht Mal seit Hamburg. Der Motor springt an. Auf dem Weg zu Fürk AG St. Gallen telefoniere ich dem Werkstattchef: „Dein Ausgang für heute Abend ist gestrichen. Ich komme gleich wieder vorbei.“
Vor Ort stellt er fest, dass er seinem Mitarbeiter und Bruder die falsche Briede bereitgelegt hat. Dieser hatte den Auftrag erhalten, diese Briede zu wechseln. Das hat er auch gewissenhaft getan. Nur eben, das war die sesshafte, kleinere Briede auf dem Minuspol, an der nicht zu rütteln ist und meine defekte Wackeltante sitzt ganz hinten unangetastet auf dem Pluspol. Bis zum Feierabend ist auch dieser Wechsel erledigt. Die zwei vermeintlich kurzen Eingriffe haben mich nun den ganzen Tag hindurch beschäftigt.
War es das nun? Viele Leute fragen, was ich als Nächstes unternehmen werde. In Zukunft werde ich den Mund wieder ausschliesslich nur über Vergangenes öffnen. Vorhersagen stimmen bei mir eh nicht! Wahrscheinlich auch nicht diese.
Mit dieser Rückführung und dem unverzüglichen Fitnessparcour an meinem Wohnmobil ist mein Pan-Americana-Projekt bei Weitem nicht ausgeführt, aber glücklich abgeschlossen. Ruhe kehrt wieder ein!
Pech habe ich viel. Das stimmt. Aber noch viel mehr Glück. Wenn schon Pannen, dann am rechten Ort zur rechten Zeit. Mir wird immer geholfen. Sooou schööön!
An diesem für mich ereignisreichen Tag verschiebt Marco seinen Opel Calibra, den er dir gerne verkaufen wird, zu meinem Schwager Sepp in Vilters, damit der freiwerdende Platz wieder für mein Wohnmobil bereitsteht. Vielen, vielen Dank den Beiden.
Meine Gruppe Zwei, die sich mit Janette in Costa Rica niedergelassen hat, löst sich vorläufig weiter auf. Nebst denen, die (noch vor meinem Rückflug) in die Schweiz und nach Holland zurückgekehrt sind, wird ein Grossteil der Gruppe die Gelegenheit nutzen, am 25. Juni 20 in die Schweiz zu fliegen und von hier aus den Weg in ihre Heimatländer antreten. Einige werden im Januar 2021 wieder versuchen, nach Costa Rica zurückzufliegen und die Reise gemeinsam fortsetzen, andere werden versuchen ihren Camper nach Panama zurückzufahren, um dort nach Europa zu verschiffen und zurückzufliegen. Vier Camper verbleiben bisher zusammen mit der Reiseleiterin Janette in Costa Rica bis zum möglichen Aufbruch. Für sie alle dauert das Bangen und Hoffen auf eine Weiter- oder Rückfahrt an. Ich hoffe, dass ihre Versuche und Entscheidungen ebenfalls zu einem guten Ende führen werden.
2020 Juni
Pfingstsonntag: Auf dem Weg in die Flumserberge bietet mir Isabelle mit ihrer Familie in ihrem Camper ein Risottoessen. Ein paar Strassen weiter oben lasse ich mir bei Beat, Jasmin und Timo ein Risotto schmecken. Schliesslich bin ich hier, um meine Habseligkeiten aus meiner Coronaresidenz ins Womo in Vilters zu befördern.
Pfingstmontag: Beat und Timo führen mich über den Regitzer Spitz. Noch soll man den Coronaabstand halten. Auf der kleinen Plattform zähle ich in einem einzigen Moment siebzig Leute und es ist ein Kommen und Gehen. Schön, wie stark es uns alle wieder in die Natur hinaus zieht.
Am Womo ist alles gut, ausser… Seit Tagen und Nächten leuchten an der Front fünf LED-Lämpchen. Simon Fürk in St. Gallen kann das Wunder des „ewigen Lichtes“ nicht klären, weiss aber Abhilfe. Er zieht eine neue Leitung von den Lämpchen auf der rechten Seite zu jenen auf der Linken. Jetzt lassen sich alle wieder schalten und nachts hört die Disco gemäss Bundesratsbeschluss frühzeitig auf.
Weit über die Berge herunter fällt Schnee. Schafskälte nennen sie Kennerinnen. Sie lässt mich mal die Klimaanlage einschalten. Der Effekt: sie kühlt beträchtlich gut, will aber für mein Wohlbefinden nicht heizen. Diese Nacht verbringe ich wieder auf dem Gelände von Fürk AG in St. Gallen. Am Morgen weiss Simon sofort Abhilfe. Ein kleiner Ventilator startet nicht mehr. Dieser hat die Aufgabe, die Regelung zu kühlen, damit der Sensor weiss, was ich eigentlich will.
Seit Weihnachten weiss meine vierundneunzigjährige Cousine Rösli, dass ich auf dem Rückweg von Argentinien bin und sie möglichst bald besuchen werde. Möglichst bald heisst nun mit Namen Neunter-Juni-Zweitausendundzwanzig! Ein Besuch in ihrem Wohnheim in Gossau war bisher wegen Corona nicht erlaubt und maskiert wollte sie mich nicht sehen. Jetzt aber treffe ich sie frisch und gesprächig an. Auch der neunzigjährige Bischof Ivo Fürer streckt mir sofort die Hand entgegen. Er hat die Abgeschlossenheit in der Vita Tertia gut überstanden.
Patrice Lambeau in Berlin erfreut mich mit dem Erfolg seiner Werke. Sein Name erscheint als führend in zeitgenössischer Kunst im Buch Curatorial, Leaders In Contemporary Art. Drei seiner Werke sind mit Fotos abgebildet. Sooou schööön!
Aus dem Rückflug meiner Gruppe 2 in Costa Rica im Juni wird leider nichts. Flug gestrichen. Nächste Hoffnung am 10. Juli 20. (Diese Verzögerung hat sich später wieder aufgelöst und die meisten Reisenden kehren bis zum 22. Juni ohne ihre Wohnmobile nach Europa zurück. Drei mir wichtige Personen harren noch aus, meine Reiseleiterin Janette, Walda und Walti!)
Am 15. Juni steigt das Womo mit Hans und mir beschwingt auf den Gotthardpass (2108m). Zusammenhängende Schneefelder zum Skifahren gibt es nicht mehr, wohl aber liegen noch viele Schneeflecken im Wege. Mit dem Bike erkunden wir den Lago di Sella. Fette Murmeltiere bringen vor Staunen über unsere Bikes keinen Pfiff durch ihre langen Nager.
Hans legt mit einundachtzig Jahren ein Dreifaches meiner Strecke zurück, guckt auf Airolo hinunter und trampt noch zum Lago di Lucendro. Den nächsten Tag verbringen wir per Bike hoch über dem Eingang zum Bedretto an einer Alpenstrasse. Nur Murmeltiere leisten uns Gesellschaft.
Regen vertreibt uns anderntags vom Gotthardpass ins Tal.
Dominic, Joline und Shana steigen in Vilters in mein Womo. Der Weg nach Tenero ist trotz dem Befahren der alten Passstrasse von San Bernardino bis Mesoco relativ kurz. Unterwegs sehe ich kaum andere Wohnmobile. Das lässt mich auf einen schönen Platz im campo felice hoffen. „Auch das Stehen in der Warteschlange macht keinen Sinn“, sagt die Dame an der Rezeption. Grosse Enttäuschung für die Mädchen. Auch andere Campingplätze weitherum sind überfüllt. Fünfzehn Kilometer weg vom Lago Maggiore entdecke ich in Carasso einen verwahrlosten Gärtnereiplatz. Da stelle ich mich hin. An der Strasse stehen Schilde „Parkieren an der ganzen Strasse verboten.“ Wir bleiben unbehelligt, auch wenn die Polizei vorbeifährt. Wir kochen und essen, was es zu improvisieren gibt.
Anderntags versuchen wir erneut unser Glück. Während Dominic mit seinen beiden Töchtern von Tenero nach Locarno radelt, suche ich einen mir bekannten Stellplatz beim Lido auf. Fehlanzeige. Auf dem früher verwahrlosten Stellplatz stehen drei grosse Wohnblocks im Rohbau. Einen Polizisten fange ich gerade noch ab, bevor er mir den Strafzettel von vierzig Franken anhängen kann. Als ich ihm die Situation erklären will, sagt er barsch „nur Italienisch!“ Ich packe mein Italienisch aus, das ich in zwei Monaten in Perugia gelernt habe. Darauf antwortet mir der Polizeimann in Deutsch! Das finde ich nett von ihm und erkläre mich weiterhin auf Italienisch, um ihn zu ehren. Dominic sieht das viel klarer und meint, Italienisch verlangen und Deutsch antworten sei Rassismus zwischen Schweizern. Recht hat er!
Jedenfalls verweist mich der Poli freundlicherweise zu einem neueröffneten Stellplatz an der Via della Posta in Locarno. Sehr nah am Wasser und sehr nah am Zentrum gelegen. Hier gibt es sogar die Möglichkeit die Innereien des Womos zu entsorgen und Wasser zu besorgen. Die letzte Nacht war kostenfrei. Diese neuen vierundzwanzig Stunden kosten zwanzig Franken, will heissen einen Fünfliber pro Person und keinen Verweis.
Im Tessin herrscht bei wolkenlosem Himmel eine selten schöne Klarsicht. Unsere Mädchen tollen sich im Wasser, während ich meist im Schatten liege, um wie immer „meine eigene Haut zu retten“.
Dominic packt auf der Rückfahrt in Blenio sein Bike aus und wuchtet sich in eineinhalb Stunden bis auf den Lukmanierpass hoch. Die Tessinerseite des Passes finde ich spannend, die Weiterfahrt über Disentis bis Chur naja!
Das Womo ist eigentlich toll drauf. Ausser, dann und wann leidet es seit Jahren unter Asthma. So über drei-, vierhundert Meter verliert es während der Fahrt an Leistungskraft. Es trödelt auf dieser Strecke einfach dahin, reagiert überhaupt nicht wenn ich ihm die Sporen gebe. Dann erwacht es wieder und tut, als sei nichts gewesen. Das kennst du ja aus früheren Berichten. Die Mechs können den Grund nicht finden. Ich auch nicht. Falls dir beim Kochen oder Abwaschen die Lösung einfällt, schreibe mir bitte!
Mutten, Obermutten sind alte Walsersiedlungen hoch über der Schiinschlucht. In Obermutten steht eine Holzkirche aus dem Jahre 1718 mit einer Hausorgel aus jener Zeit, deren Holzteile originalen Ursprungs sind. Die Mutten Höhi (2000m) bietet Ausblicke auf die Bergwelt und auf die Täler von Thusis bis Bonaduz und Tiefencastel bis Filisur.
Bei Vättis zweige ich mit meinen Geschwistern, Schwägerinnen und Schwager vom Taminatal ins Calfeisental ab. Hinter dem Gigerwald im Calfeisental wurde in den 1960er Jahren eine Staumauer hochgezogen und demzufolge eine neue Tunnelstrassenführung auf der linken Talseite durch den Felsen gesprengt. Den ursprünglichen Plänen der NOK zur Folge wäre die Staumauer höher geworden. Das Kirchlein mitsamt der Walsersiedlung hätte verschoben werden müssen, um nicht im Stausee zu versinken. Das Martins-Chirchli wird in einem Dokument 1432 urkundlich erwähnt. Der Chor- und ein Südteil ist wohl schon um 1300 erbaut worden!
2020 JULI
Am 15. April 1974 empfing ich in der Medardus Kirche in Vilters von Bischof Josephus Hasler die Priesterweihe und feierte zugleich die Primiz. An drei Wochenenden im Juli 2020 feiere ich mit Angehörigen von Verstorbenen Gedenkgottesdienste, die wegen der Coronazeit von April bis Juni auf den Monat Juli verschoben wurden. Es ist für mich ein erwärmendes Gefühl mit Zeitgenossen und Verwandten als pensionierter Priester in meiner Jugendkirche der Verstorbenen zu gedenken.
Simon von Fürk AG nimmt sich nun dem Asthmaproblem meines Womos an. Er findet ersetzenswerte Teile und wechselt sie auch gleich aus. Warum die Rückfahrlampen und die Rückfahrkamera nicht mehr funktionierten, findet er auch gleich raus. Da war gar keine Sicherung drin! Sicherung rein und es funktioniert alles. Spontane Besuche, die ich in der Zwischenzeit in St. Gallen angehe, erfüllen mich den ganzen Tag mit Freude.
Neckisch präsentiert sich eine Kirche auf einem zweihundert Meter hohen Felsenturm am Eingang zur Via Mala bei Thusis. Diese Via Mala Route wurde schon in prähistorischer Zeit begangen. Man findet auf Crap Carschenna prähistorische Felsgravouren. Oft bin ich entweder durch die Via Mala zum San Bernardino unter dieser „Wechselstation für Reisende“ vorbeigereist oder kurz vorher über der Albula nach Tiefencastel abgezweigt. Nie war Zeit genug, diese Kirche im Vorbeigehen zu besuchen.
Nun also machen Theres, Hans, Timo und ich diesen Besuch zum Hauptziel für einen Tagesausflug. Und wie es sich lohnt! Da gibt es noch weit mehr wie eine Kirche.
Spuren von Bauten kann man bis 350 n.Chr. datieren. Ein Baptisterium (begehbares Taufbecken) wurde um 500 n.Chr. angelegt. Nebst der Hauptkirche, Johannes dem Täufer geweiht, in der sich Menschen über frühe Jahrhunderte aus dem Domleschg und Safiental versammelten, gab es je einen Wohn-und Arbeitsturm für die weltlichen und einen für die bischöflichen Geschäfte. Auf Hohen Rätien mussten alle Güter von Pferden, die sich vor der Via Mala scheuten, auf Maultierrücken übertragen werden.
1295 wurde die ganze Anlage durch ein Erdbeben stark zerstört und bald danach aufgegeben. Zudem wurden die Reisenden über höher gelegene Pfade „umgeleitet“ und der gefahrvolle, mühsame Durchgang durch die Via Mala verlor an Bedeutung.
Seit fünfhundert Jahren gehört die ganze Anlage der Rodelser Familie Jecklin, die auch heute noch eine enorme Arbeit und Geld, unterstützt durch den Helferverein und geschützt von Bund und Kanton, zum Erhalt und teils zum Wiederaufbau investiert. Das Verweilen auf dem Plateau und die Sicht über das Domleschg und von Thusis bis zum Ringelspitz ist einmalig. Sooou schööön.
Wanderer, die vom Alten Bad Pfäfers über die „Naturbrücke“ nach Pfäfers aufsteigen, frage ich, ob die Brücke noch hält. Verwundert fragen sie mich, welche Brücke? Tatsächlich nehme ich später kaum wahr, dass ich auf einer Naturbrücke gehe, denn beidseitig sieht man kaum in die Tiefe der Schlucht. Ein bequemer nachgebauter Brückenweg führt über die Naturabdeckung. Vom spektakulären Durchbruch der Tamina ist weder der Eingang noch der Ausgang zu sehen. Immerhin schaffe ich es zum ersten Mal im Leben über diese Brücke, hinunter zum Bad Pfäfers und wieder hoch nach Valens. Betty (75) und Fabian (14) begleiten mich, während Paul und Silvan uns in Valens abholen.
Nach drei Monaten Zwangsaufenthalt in Costa Rica sind die meisten meiner Panamericana-Reisefreunde nach Europa zurückgeflogen. Ihre Mobile mussten sie am Zoll in Costa Rica einstellen. Sie werden sie zur gegebenen Zeit abholen, vielleicht zur Weiterfahrt im Januar 21, oder zum Rücktransport über Panama. Verblieben sind noch sieben Personen mit fünf Campern, darunter auch die tolle Reiseleiterin, ich nenne sie Reisebegleiterin, Janette Emerich.
Wenn Paul (76) im Garten anpackt, sieht man schnell grosse Veränderungen. Marco ist mit dem Kahlschlag in seinem Garten in Vilters einverstanden.
Wie geht`s dem Womo? Keine Sicherung drin, wie am Anfang beschrieben, ist nur die halbe Wahrheit. Fürk AG St. Gallen sucht nach einem Kurzschluss an den Rückfahrlampen und dem Rückfahrmonitor! Kein Bild auf dem Monitor. Und wieder liegt alles anders! Der Rückfahrmonitor ist kaputt. Um auch in Zukunft rück-sichts-voll-mit-voller-Sicht-zurück zu fahren, lasse ich mir einen neuen Monitor einbauen. Das kostet viel, aber schützt vor Unfällen und hilft mir enorm als Alleinfahrer.
Auf der Rückfahrt von St. Gallen nach Vilters leidet das Womo zwei Mal kurz an Asthma. Das Problem ist also gegen alles Wissen und Eingreifen noch nicht behoben.
Bärbel und Hans K., Reisefreunde von der Seidenstrasse und der Panamericana besuchen mich für ein paar Tage.
Mit Hans K. wechsle ich in Gedanken das Pferd auf Hohen Rätien und sattle auf ein Maultier um. Wir wollen höher steigen und die prähistorischen Felszeichen auf Crap Carschenna schauen. Der Fussweg dahin ist gut ausgeschildert und die Gravuren mit Zäunen vor unvorsichtigem Betreten geschützt. Wäre auch unsagbar schade wegen der vier- bis fünftausend Jahre alten Zeichnungen, die heute leider niemand mehr zu deuten weiss.
Auch am dritten Gedenkgottesdienst der Verstorbenen in Vilters finde ich passende Worte, was Freude und Dank bei Besuchern auslöst. Sogar der Messmer Stefan sagt: „Du hast eine gute Predigt gehalten“. Diese Aussage von einem so „regelmässigen Verbraucher“ weiss ich echt zu schätzen.
Bei strahlendem Wetter kämpft Bärbel mit einer koronafreien Erkältung. Geschenk eines Neffen fürs Hüten. Bärbel bleibt im Womo. Hans K. und Betty freuen sich mit mir über die Fünfseenwanderung am Pizol. Bei eintausend Meter Abstieg laufen meine Bremsmuskeln heiss und versagen am Ende so ziemlich den Dienst. Nicht so bei Betty, die das Auf und Ab wie eine Gämse durchhüpft. Hans K. legt nach fünf Stunden noch eine Überschreitung des Garmil von weiteren zwei Stunden hinzu. Die Panoramen sind überwältigend. Sooou schööön!
Womo? Im Cockpit gehen die sieben Lichter am Himmel aus! Ein bewegliches Spiralkabel zerbröselt nach neun Jahren. An mehreren Stellen sind die Kupferdrähte blankgescheuert! Bisher habe ich den Feuerlöscher nicht gebraucht.
Marco fixt ein neues Kabel im Womo. Es werde Licht und es ward siebenfaches Licht!
Herzerwärmend, wenn der Papa bei der Taufe von seinem Sohn Yannick, umgeben von vielen Kindern, Lieder singt und sich auf der Gitarre begleitet. Die Kapelle St. Georg bei der Burgruine Wartenstein gibt den würdevollen Rahmen für diese Zeremonie. Die kleinen Cousins und Cousinen spielen angeregt vor und nach dem Essen im Heidihof. Sooou schööön!
Womo? Hans fixed das Luftgitter vor dem Motor, an das sich kein Mech heranmacht. Das Justieren des Rückfahrmonitors kostet uns viel Zeit und endet befriedigend. Theres wäscht inzwischen alles Waschbare aus dem Wohnmobil, sogar die Federdecken!
Der Vorschlag, auf den Gotthard zu fahren, wird mit einem spontanen Packen beantwortet. Haus und Garten sichern und in weniger als einer Stunde sind wir von Rotkreuz unterwegs. Der Gotthard ist vollgestellt mit Womo`s. Hans aber kennt ein spezielles Plätzchen auf 2050m. Einsam und friedlich.
Wir wollen den Spitzenhitzen von vierunddreissig Grad im Tal ausweichen. Am zweiten Tag regnet es im Gotthardmassiv bei sechzehn Grad den ganzen Nachmittag. So unterschiedlich kann die Wetterlage im Gebirge sein.
2020 AUGUST
Den ersten Abschnitt kannst du gleich überspringen. Es handelt sich um das Womo!
Es ist bestimmt nicht mein Plan, die Werkstatt aufzusuchen. Aber dreihundert Meter vor der Autobahnausfahrt zu Fürk AG in St. Gallen bekommt das treue Ding Asthma. Leistungsverlust während der Fahrt. Das haben wir doch eben repariert! Simon schliesst sofort das Diagnosegerät an. Zum grossen Glück spukt der Motor auf der Proberückfahrt sein Leiden in den Computer. Die Diagnose: der Sensor am Dieselfilter zeigt zu heisse Werte an und drosselt die Leistung. Jetzt muss dieser defekte Sensor mitsamt dem Dieselfilter ersetzt werden. Es ist also nicht Asthma (nicht das Luftgemisch), was den Motor seit Jahren plagt, sondern er simuliert, das Blut in den Adern sei zu heiss.
Den Klausenpass (1947m) habe ich nicht mehr so schön in Erinnerung wie er es in Wirklichkeit ist. Sooou schööön!
Ein gefühlloser Zaun kratzt beim Aufstieg von der Glarner Seite an einem sehr engen Strassenabschnitt unverhofft am Äusseren des Womos. Ein Sachschaden, schade! Schuld ist eindeutig der Fahrer. Aus Persönlichkeitsschutzgründen nenne ich seinen Namen nicht. Er schämt sich! Sooou dooof!
Die einstündige Wanderung zum Gletschersee im Griess unterhalb der Clariden Nordwand (3267m) gefällt mir. Beim Abstieg meckern leider beide Bremsmuskeln über den Knien und die Sehne in der Kniekehle. Der Rettungshelikopter fliegt zwei Mal Einsätze über mir hinter dem „Rau Stöckli“. Mich lassen jedoch die Rettungsleute unbeachtet bergabwärts stolpern.
An diesem Abend kommt mein Schwager Hans zu mir auf den Klausenpass. Nebel zieht auf. Anderntags stahlblauer Himmel. Der Urner Höhenweg unter den Schächentaler Windgällen umsäumt von herrlichem Bergpanorama gefällt mir. Anderntags ebenfalls bei grandiosem Wetter die Wanderung zum Gletschersee „Im Griess“. Sooou schööön!
Marco schiebt einige Pizzas in seinen freistehenden Ofen im Garten in Vilters. Der Ofen, 1995 erbaut, dient dem Meister aufs Beste!
Heidnisch Wundkraut (Goldrute) hilft unserer Cousine eine krebsartige Wunde auf der Nase zu heilen, wo teures Schmieren und Salben vergeblich war. „Warum habt ihr mir das nicht früher schon gebracht?“ Ich dachte nicht daran, dass, was der Arzt als Hautkrebs diagnostiziert und die Cousine im hohen Alter nicht operieren lassen will, man mit Heidnisch Wundkraut heilen kann. Sooou schööön!
Mit Theres und Hans fahre ich auf den Grimselpass. Während sie und ich querfeldein über Stock und Stein wandern, fährt Hans mit seinem Velo zum Oberaarsee.
Die Simplonpassstrasse ist von Brig weg grosszügig ausgebaut. Die Schönheit dieser Gegend erfahren wir besonders beim Wandern abseits! Sooou schööön!
Dreihundert Meter auf dem Rückweg vor dem Wohnmobil fällt Theres auf den Oberarm, auf die Achsel hin. Grausame Schmerzen. Der Oberarm sofort geschwollen. Ende der Wandertage im Wallis! Ich schlage vor, wenn möglich nach Rotkreuz zu fahren und den Hausarzt aufzusuchen. Notfalls aber in Brig die Fahrt zu unterbrechen, falls die Schmerzen zu gross werden. Den Simplon hinunter, das Goms hinauf, über den Grimselpass, über den Brünigpass nach Rotkreuz erträgt Theres dank Schmerzmitteln und unveränderter Haltung heldenhaft.
Noch am selben Abend diagnostiziert ein Röntgenarzt, die Oberarmkugel sei gebrochen und heftig in die Achselschale gepresst worden. Ende Woche werde man weiterschauen. Ob die Frau zwischenzeitlich in der Klinik bleiben müsse, oder ob sie nach Hause entlassen werden könne, fragt der künftig operierende Arzt aus der Ferne. Die Frau könne nach Hause gehen, denn sie habe alle diese Passfahrten überstanden, entscheiden die Ärzte. Theres wartet zu Hause von Dienstag bis Freitag auf eine weitere Klärung.
Der Chirurg plädiert für Physiotherapie. Mal zusehen, wie die Sache vorangeht. Vielleicht genügt viel bewegen. Kugel und Schale absägen und künstlichen Ersatz an umgekehrter Stelle einsetzen könne man immer noch. Theres und wir alle sind vorerst mal sehr erleichtert, dass nicht unbedingt eine OP stattfinden muss.
Der Reisebus von St. Gallen stoppt bei Landquart, um mich nach Disentis mitzunehmen. Maja Bösch ist eingeladen, zusammen mit Bruder Stefan uns die Chor- und die Hauptorgel vorzustellen. Bruder Stefan beherrscht nicht nur die Orgelliteratur, sondern auch den eingebauten Computer, der es erlaubt, die Registrierung auf perfekte Weise vorzubereiten, ganze Werke aufzunehmen und bei der Wiedergabe mit noch zwei Händen (vierhändig) spielend zu erweitern. Ein Werk zu transponieren schafft der Computer auf Knopfdruck. Unendlich technische Möglichkeiten, die Orgel zu bespielen. Die neue Technik macht Bruder Stefan sichtlich Freude und erleichtert ihm seine tägliche Arbeit sehr. Ein erstklassiger Musiker und Computerfreak. Für ihn kam die Renovation und technische Erneuerung der Orgel in der rechten, ausgereiften Zeit. Sooou schööön!
Maja Bösch gefällt dieses Wunderding nicht weniger. Sie entlockt spielerisch fantastische „Stückli“, wie sie sagt und ergänzt eines mit ihrer klaren Stimme jodelnd. Mit viel Witz und Liebe spricht Maja über die Hightechmaschine in barocker Hülle und spielt sehr gefällige Werke. Sooou schööön!
Der dreijährige Lorenz bestimmt bei seiner Taufe in der Medarduskirche in Vilters selber, was er mag und was nicht. Kein Wasser! Kein Öl! Die brennende Kerze kommt ihm zu nah! Was er mag? Seine Schwester Eloise singt ihm ein hübsches Sternenlied und die Taufgemeinschaft erklingt wie ein geübter Chor.
In Flond führt Franz Isenegger das heimelige Restaurant Posta Veglia. Isenegger war mit seinem Team mehrfach Olympiasieger, Weltmeister, Schweizermeister in Bob. Mein Besuch gilt aber vor allem Meia und Peter. Sie sind Reisefreunde von der Asien-Seidenstrasse 2017.
Um grössere Ansammlungen zu vermeiden feiert die Pfarrei St. Gallen Halden die verschobene Erstkommunion in zwei Gruppen zu sieben Kindern. Die Sitzabstände zwischen den Familien sind ungewohnt weit. Die Konzentration und Innigkeit der Kinder und Erwachsenen hingegen erleben wir in beiden Gottesdiensten fabelhaft. Wir freuen uns alle über dieses frohe, gelungene Fest. Sooou schööön!
In der ökumenischen Gemeinde St. Gallen Halden war ich dreissig(!) Jahre lang Pfarrer. Auch nach neun Jahren Abwesenheit fühle ich mich, zusammen mit dem Team wie bei einem Heimspiel, sofort sehr wohl. Sooou schööön!
2020 SEPTEMBER
Stahlblauer Himmel, keine Kondenzstreifen von Flugzeugen, unberührter Himmel. Ich sitze auf der Schwägalp vor dem Säntismassiv. Stundenlang lasse ich die Felswände und -türme, die Nasen und Schrunden im schattenverändernden Sonnenlicht auf mich wirken. Mit einem warmen Rotgold beendet die Sonne ihr Spiel. Sooou schööön!
Von Lutertannen wandere ich zum Risipass (1457 m) hoch. Erinnerungen an meine Skitourenfreunde steigen auf. Dieser Weg, die Weiden und Hütten sind mir sehr vertraut. Oft sind wir mit den Skiern auf den Stockberg gestiegen. Anstrengend war für mich die Skitour ganz unten vom Toggenburg hoch auf den Stockberg. Ich hatte die Skistöcke zu Hause vergessen. Also rauf und runter ohne Stöcke. Dafür den Fotoapparat in der Hand. Da war noch Kraft und Balance in den Beinen!
Eine einsame Gämse weidet zwanzig Meter oberhalb der Rinder und sinniert: „Was sind das bloss für komische Tiere, die Tag und Nacht bimmeln! Das haben ihnen wohl diese Zweibeiner angetan. Sie haben die Zutraulichkeit der Muuh`s ausgenutzt. Regelmässig hängen sie sich an ihre Euter und saufen die Milch weg. Da verziehe ich mich lieber wieder in den dichten Wald, bevor sie mich erwischen.“
Weil die Tage merklich kürzer werden, fahre ich bereits um sieben Uhr von Vilters weg auf den Oberalppass (2044 m). Zum Schneehüenerstock (2600 m Bahn, 2772 m) führt eine neue Seilbahn. Mit ihr und ergänzenden Liften kann das Skigebiet von Disentis bis Andermatt zusammenhängend befahren werden.
Auf dem Oberalppass steht seit zehn Jahren ein roter Leuchtturm. Ein Motorradfahrer will von mir wissen, was das soll, ob das Sturm bedeute? „Das kann ich Dir gern erklären: Dieser Leuchtturm ist ein Nachbau des historischen Leuchtturms in Rotterdam (NL). Er soll Touristen aufmerksam machen, dass der Rhein, der in Rotterdam ins Meer fliesst, und an dessen Ufern entlang 50 Millionen Menschen leben, hier seinen Ursprung hat. Genauer gesagt noch eine einstündige Fusswanderung von hier weg entquillt der Rhein dem Tomasee.“ Warum ich das weiss? Ich habe zwei Minuten vor der Anfrage diese Erklärungen an der Infotafel gelesen.
Flott ist auf der Passhöhe der Vier-Quellen-Weg dokumentiert. Im gesamten Gotthardmassiv entspringen die Reuss, der Rhein, der Ticino und die Rhone. In einer Fünftagewanderung soll der ganze Weg zu machen sein.
In Andermatt interessiert mich mal die Architektur, wenn die Architekten im Auftrag von Sawiri sozusagen freie Hand haben. Da gibt es schon Hingucker.
Am Furkapass (2429 m) rollt reger Verkehr. Alte Bekannte sonnen sich, das Oberaarhorn (3629 m), das Finsteraarhorn (4274 m), das Agassizhorn (3953 m).
Bei der Autogarage Baumerep in Brig-Glis fülle ich die beiden Gastankflaschen mit vierundvierzig Litern Propan. Jetzt kann es losgehen ins Lötschental. Verena und Albert erwirken beim Ferienwohnungsvermieter Martin vom Haus Adler in Blatten einen Stellplatz für mich. Obwohl Verena mit Albert heute bis nach Goppenstein gewandert ist, kocht sie uns feine Älplermakkaroni.
Verena schlägt die Lötschental Südrampe vor. Hoch über dem Rhonetal wandern wir von Hohtenn bis Ausserberg. Das absolute Highlight sind die Heiligen Wasser (Suonen), die in Felsen gehauen, in Holztrogen verlegt, eingemauert oder in Erdkanälen frei fliessend neben dem Fussweg daher sprudeln.
Das kühle Wasser schiesst in einem Holztrog an uns vorbei. Verena und Albert erfrischen ihre Arme, sich tief zum Trog neigend. Plötzlich entdeckt Albert eine Schlange neben sich auf dem Trogrand. Wir betrachten sie, ohne ihre Lebensgeschichte zu kennen, für lange Zeit. Sooou schööön! (Das Naturkundemuseum Luzern identifiziert sie auf Anfrage von Albert anhand von zwei Fotos als Schlingnatter, ungiftig).
Verena und Albert reisen wieder ab. Jetzt muss ich alleine wandern. Albert bedient mich mit immer neuen Tourenvorschlägen. Auf dem privaten Parkplatz von Martin darf ich stehen bleiben.
Die Seilbahn bringt mich von Wiler zur Lauchernalp hoch. Von dort bewege ich mich auf dem Höhenwanderweg bis zur Fafleralp zuhinterst ins - im Sommer bewohnte - Lötschental. Sooou schööön!
Von Blatten über Eist führt ein Besinnungsweg zur Maria-Wallfahrtskirche Kuhmad.
Das Postauto entlädt auf der Fafleralp an einem Montag lauter Silberzwibeli wie mich. Der Anstieg, den ich wähle, führt über die Guggistafel zum Guggisee und weiter zur Anenhütte auf 2358 Meter. Der sogenannte Langgletscher ist fast total geschmolzen. Den Abstieg von der Anenhütte empfinde ich recht anstrengend und am Ende weit auslaufend.
Die Felsenkirche St. Michael (seit 1974) in Raron bietet fünfhundert Leuten Platz. Das einzige Fenster hinter dem Chor ist eine Imitation, künstlich beleuchtet! Das aus dem Felsen geschlagene Gewölbe ist mächtig. Statt naturbelassen ist der Felsen mit Spritzbeton zugedeckt. Das ist keine Felsenkirche! Ich sitze gefühlsmässig in einer weichen, gräulichen, abgerundeten Wolke. Ob es den Wallisern wohl ist, aus ihren sonnengebräunten Holzhäusern kommend, in diesem ganztags künstlich belichteten Raum zu verweilen? Für kurze Zeit kann ich mich gut sammeln, doch würde ich bald etwas schwermütig werden. Ich kann mir schlecht vorstellen, alle kirchlichen, religiösen Feste übers Jahr und Jahr für Jahr in dieser Atmosphäre zu feiern. Sorry, Architekt und Erbauer, nennt sie nicht Felsenkirche, sondern Wolke im Berg.
Hoch über dieser Felsenkirche erhebt sich seit dem 16. Jahrhundert eine stattliche Kirche. Der damalige Malerkünstler muss sich köstlich amüsiert haben, diese zähnefletschenden, klauengewetzten Unwesen der Hölle ihre Opfer traktierend hinzupinseln. Demgegenüber ist die Darstellung der Erlösten bei ihrem Einzug in den Himmel sehr fade.
Zuvor war diese Kirche ein Palast, der umgebaut wurde. An der Südseite der Kirche ruht einsam der Dichter Rainer Maria Rilke. Zu Raron geboren und beerdigt.
Hinter einer engen Schlucht über Leuk, weitet sich das Tal und beherbergt das Dorf Leukerbad. Massive, kletterfeste Felsen sperren die frontale weitere Sicht ab. Lege ich den Kopf in den Nacken, kann ich den Gemmipass ausmachen. Abends fallen heftige Winde die Wände herunter.
Gemmiweg heisst der steile Aufstieg über Felsbänder und Nasen bis zum Gemmipass (2263 m). Aufstiegsmühen werden mit Sicht auf den Wildstrubel (3242 m) und den Daubensee belohnt. Wie bin ich froh über die Gemmibahn (Bergstation 2320m), die keine Mühe scheut, mich über einen einzigen Zwischenmast sanft ins Tal gleiten zu lassen.
Den Col des Mosses zu fahren ist auf der nordöstlichen Seite schön. Überhaupt hätte ich Lust, überall anzuhalten und tagelang zu verweilen, aber da steht noch ein wichtiger Termin an.
Vom Bahnhof St. Gallen an der Kathedrale vorbei schlendernd gelangen wir zur Talstation des Mühleggbähnli nach St. Georgen. Die Wanderung den Dreiweihern entlang über der Stadt ist immer ein Erlebnis. So ist die Gästeschar denn fröhlich eingestimmt, im Restaurant Scheitlinsbüchel den gehabten 80. Geburtstag von Silvia zu feiern. Sooou schööön!
Zum Eidgenössischen Dank-, Bus- und Bettag spielt Alexander das Klavier draussen vor der Haldenkirche. Wir nehmen im Freien Platz und feiern den ökumenischen Gottesdienst mit Taufe in freundlicher Atmosphäre.
Maricka, die Berlinerin, wünscht sich Rösti mit Spiegelei. Das brate ich meinen Gästen gern bei der Kapelle auf der Schwägalp vor dem Säntis.
Im Garten des Hotel Badhorn gerät im Service so Einiges durcheinander. Wir amüsieren uns. Der Kellner bedankt sich mit Kaffee und Grappa, vor allem, weil wir seinem Chef nichts von den Verwechslungen und Mühen verraten.
Am Rhein gelegen ist Schaffhausen eine hübsche Kleinstadt. Alois, ein damaliger Mitstudent in Chur und Tübingen, widmet sich ein Leben lang der Filmkunst. Ein exzellenter Kenner der Szene.
Mit meinem wie immer gesegneten Schlaf verbringe ich eine Nacht an der Bodenseestrasse bei Berlingen. Hilfreich sind die ausgefahrenen Stützen, um nicht bei jedem vorbeifahrenden Auto gerüttelt zu werden.
Auch in den Niederungen der Schweiz entdecke ich wunderbare Gegenden. Z. B im Thurgau: Güttingen – Altnau – Langrickenbach – Leimbach – Schönholzerswilen – Rossrüti – Wil.
In Uzwil wohnt Rolf mit Anita in einem knifflig erbauten Haus in Hanglage. Ich zähle sieben verschiedene Terrassen und Sitzplätze. Für jeden Wind und Sonnenstand einen geschützten, beziehungsweise ausgesetzten Ort. Je nach Belieben!
Vreni und Beat müssen frühzeitig ihren Hof in St. Gallen aufgeben. Ein schwerer Schritt für diese fleissigen Bauersleute. Ihr Trost: alle ihre jungen Männer sind selbständig unterwegs. Sooou schööön!
Mein Womo lässt mich seine Mühe, rückwärts eine steile Stichstrasse hoch zu schnauben, übel riechen. Noch ein kurzer Fusspfad durch den Wald und Alexander führt mich zu seinem geräumigen Bauernhaus, wo schon mal die Füchse nach den Hühnern und Enten schauen. Ein paradiesisches Leben mit Christine und den vier Kindern, zumal sie genügend Holz aufgeschichtet haben für den sich ankündigenden Winter. Alexander war Singkreisleiter in Halden und erfreut die Gemeinde immer noch als Pianist und Organist. Dieser Weg von Niederteufen nach St. Gallen und als Musiklehrer in alle Welt hinaus ist ihm nie zu weit.
Beat Loosli-Lütolf hat vor drei Jahren den Wettbewerb für die Gemeinde Mels ein Kulturzentrum und eine Rathauserweiterung zu bauen gewonnen. Jetzt steht das Werk vollendet da. Doch leider kann wegen Corona kein Einweihungsfest im grossen Stil stattfinden. Darum setze ich einige Fotos ins Internet von einer Führung, an der ich privat teilnehmen darf. Das gesamte Werk: sooou schööön!
2020 Oktober
Am 3. Oktober erreiche ich mit Tobias den Camping Tamaro bei Tenero ohne nennenswerten Verkehr, obwohl: Auf der Gotthardroute bei Erstfeld geht gar nichts mehr. Die Autostrassen stehen unter Wasser! Das Urner Sicherheitskonzept flutet in der Not die Autobahn, um angrenzende Dörfer, Höfe und Felder nicht der Überschwemmung Preis zu geben. Das funktioniert!
Viele Camperplätze bei Tenero am Lago Maggiore sind bereits leergeräumt. Die Plätze und Sitzbänke am Ufer stehen unter Wasser. Der Wasserpegel steigt stetig. Wir stehen etwas höher und ganz zufällig neben dem Bungalow, das Tobias einen Tag später zusammen mit Nadine und den drei Kindern bezieht. Wir sind für ein paar Tage direkte Nachbarn. Sooou schööön!
Es macht Yaro und mir sehr viel Spass, schweres Holz, das angespült wird, wieder in den Lago Maggiore zurückzuschmeissen. Yaro ist der muskulöse Gecko und ich bin der kräftige Catboy, sagt er. Figuren, die ich gar nicht kenne. Elin und Mila, Yaro`s Schwestern sind unglaublich fit im Wandern und Sport.
Das überflutende Wasser hält sich über Tage sehr konstant hoch.
Gebaut haben die Urschweizer die Burgen von Bellinzona überhaupt nicht. Im Gegenteil: zerfallen lassen. Augustus erobert das Gebiet vor seiner Alpenüberquerung in den Jahren 16./15 v. Chr. Er lässt ein Kastell erbauen. Im Laufe der Geschichte bis ins Mittelalter gibt es um dieses Gebiet ein grosses Hin und Her. Mal gehört es zu Mailand, mal zu Como, mal zum byzantinischen Reich, mal zum fränkischen Reich.
1402 brechen Unruhen im Herzogtum Mailand aus. Die Freiherren von Sax aus der benachbarten Talschaft Misox nutzen die unsichere Lage aus. Sie bringen Bellinzona im Jahr 1403 in ihren Besitz. 1419 verkaufen die Misoxer die Stadt und Burgen an die eidgenössischen Stände Uri und Obwalden, die bereits in der Leventina hocken.
Die Mailänder erobern im April 1422 Bellinzona zurück. Sie verstärken die Festungsanlagen und ergänzen sie 1478/79 durch das Castello di Sasso Corbaro. 1486/87 bauen sie die Murata, die Befestigungsmauer, neu auf.
1499, während der italienischen Kriege, marschieren französische Truppen ins Herzogtum Mailand ein. König Louis XII. vereinbart, Bellinzona den Eidgenossen zu überlassen. Sein Hintergedanke, die eidgenössischen Söldner sollen bei weiteren Eroberungen an der Front den Grind für ihn herhalten. Nach Abschluss des Feldzuges hält er sein Versprechen nicht und besetzt die Festungswerke mit tausend Mann.
Im folgenden Winter bricht im Herzogtum Mailand ein Aufstand aus. In Bellinzona erhebt sich die Bevölkerung gegen den französischen König und vertreibt die Besatzer. Nach der Gefangennahme von Herzog Ludovico Sforza fürchten sich die Einwohner vor der Rache der Franzosen und unterwerfen sich am 14. April 1500 der Herrschaft der Eidgenossen.
Frankreich und Mailand bestätigen 1503 im Frieden von Arona die Orte Uri, Schwyz und Nidwalden als neue Herrscher der Vogtei Bellinzona.
Mit dem Übergang an die Eidgenossen verlieren die Befestigungsanlagen ihre militärische Bedeutung. Die Burgen haben nur noch eine minimale Besatzung mit veralteter Artillerie und verfallen mit der Zeit immer mehr. 1803 gehen die Burgen in den Besitz des neu gegründeten Kantons Tessin über.
Ab 1900 gibt es erste Bemühungen, die Bausubstanz der Burgen und Befestigungen zu erhalten. Sozusagen ein Hobby der Tessiner und übrigen Eidgenossen. Die Mailänder, die die Burgen erbaut hatten, bleiben draussen.
Von 1920 bis 1955 finden die umfassendsten Sicherungs- und Wiederherstellungsarbeiten statt. Eine zweite Etappe folgt von 1982 bis 2006.
Die UNESCO erklärte am 2. Dezember 2000 die Burgen von Bellinzona zusammen mit der Murata zum Welterbe, als herausragendes Beispiel spätmittelalterlicher Befestigungsanlagen am Zugang zu wichtigen Alpenpässen.
Was würden wir sagen, wenn die Mailänder als historische Bauherren, die Burgen zurückfordern würden? Hätten sie ein Recht dazu? In der Welt gibt es viele Konfliktherde, wo man sich nicht einigen kann, ab wann welches Recht für wen gelten soll. Siehe Aserbaidschan und Armenien in Bergkarabach.
Von Monte Carasso fährt ein Seilbähnchen hoch nach Monte Mornera. Wir aber wollen nur bis zur Mittelstation Curzutt hochfahren und von dort nach San Bernardo wandern. Unser vorbestelltes Ticket hat keine Zeitangabe und ist deshalb ungültig! Schlangenstehen mögen wir nicht. Also steigen wir nach kurzem Enttäuschungsmurren der Kinder über all die sehr hohen felsigen und steinigen Tritte hoch bis zur Kirche San Bernardo. Wieder anstrengend weiter bis zur Tibetischen Hängebrücke. Auf ihr überschreitet man auf 280 Meter Länge das Tobel der Sementina. Noch einmal streng bergauf und dann wieder über steinige, felsige Tritte 650 Meter direkt in die Tiefe runter. Da schwindet am Ende die Bremskraft meiner Oberschenkel wieder total. Alle meine kleinen und grossen Freunde nehmen sehr viel Rücksicht auf den alten Mann. Sooou schööön!
Das Hin und Her mit welchem Bus wir fahren wollen, gestaltet sich hektisch. Rauf? Runter? Doch rauf? Und auf einmal springen wir einem Bus hinterher. In der vollgestopften SBBahn erreichen wir Tenero. O Schreck, mein Handy ist weg! Es ist zwar gesperrt, aber es wird mir schon sehr fehlen, benutze ich es doch täglich mehrmals. Ich bin zu müde, um zu glauben, dass wir es auf einem Rückweg noch finden. Ich gebe auf! Ja, richtig gelesen: Ich gebe auf! Das ist selbst mir neu!
Tobias sieht das anders. Er fährt mit seiner Tochter Mila mit seinem Auto die Strecke zum Bushäuschen in Sementina ab. Nichts zu finden. Unterwegs rufen sie mit ihrem Handy mehrmals meine Nummer an. Mila erschrickt, als sie plötzlich eine Stimme hört: „Ja, wer ist da?“ Der Finder, ein Familienvater, übergibt danach auf dem Bahnhof in Bellinzona mein Handy an meine beiden Nothelfer. Sie rufen sofort Nadine an, um uns die frohe Botschaft zu übermitteln. Das Unglaubliche dabei: Ich habe für solche Fälle im Etui eine Adresskarte eingesteckt mit meinem Wohnort Rotkreuz. Der Finder lacht und sagt: Ich arbeite in Rotkreuz! Vielleicht hätte mein Handy auch auf diesem Weg zu mir gefunden, aber sicher erst wertvolle Tage und Tage der Spannung später. Ja, ich habe viel Pech, aber noch mehr Glück! Sooou schööön von Tobias und Mila, meinen Nothelfern und diesem ehrlichen Finder!
Nadine löst für ihre Familie ein Ticket fürs Schiff von Locarno nach Ascona. Ich werde es beim Einsteigen lösen, denke ich. Fehlpass! Das Schiff ist bereits voll. Ich kann nicht mehr buchen und bleibe am Ufer sitzen. So viele Leute verbringen Herbstferien im Tessin. Yaro soll bitterlich geweint haben, dass ich nicht mit auf dem Schiff war. Sooou lieb von ihm!
Jetzt noch auf Cardada und die Cimetta. Bevor die Familie wegfährt, prüfen sie meine Beinmuskeln im Abwärtsgehen von der Cimetta nach Cardada und von Orselina zur Piazza Locarno. Das Unwetter vor einer Woche hat auf Cardada riesige Tannen umgehauen. Eine Woche nach den Überschwemmungen ist der Lago Maggiore immer noch damit beschäftigt, seinen Wasserspiegel zu senken.
Ich packe kurz mal mit an, das angeschwemmte Holz vom Ufer im Campo Tamaro zu räumen.
Die kleine Yara hat ihr Fieber abgestreift. So setzen Kornel, Franziska und Ramon Zillig ihre Wohnmobilferien in einem zweiten Teil fort. Einen Platz kriegen sie auf dem Camping Mappo, direkt neben meinem Camping Tamaro. In ihrem Restaurant wird Spitze gekocht. Sooou schöön!
Um von Tenero nach Ascona zu gelangen, fahre ich mit dem Velo den Maggiadamm hoch. Eine feine neue Fussgänger- und Velobrücke vollendet den Veloweg in diesem Gebiet.
Michi Buchs bezieht mit seinem fünfjährigen Sohn Vitus ein Bungalow im Camping Tamaro. Eines Abends starten wir einen Heissluftballon zum Geburtstag von Papa. Der Ballon soll einen Gruss zum verstorbenen Grosspapa Edi bis in den Himmel bringen, wünscht Vitus.
Auf der Rückfahrt nach Vilters holen mich Michi und Vitus in Landquart ein und überraschen mich mit einem Besuch und Gipfeli im Gepäck. Vitus wünscht sich als Zwischenhalt auf der langen Reise ein Superlotto zu spielen. Unglaublich für mich, wie dieser Fünfjährige alle Tiere kennt und weiss, zu welchem Kontinent sie gehören.
Excellent! Magnificent! Tender! Heidi und Chefkoch Gallus laden in St. Gallen Gäste zum Nachklang von Silvias 80. Geburtstag. Sooou schöön!
Andy von CCC Arbon schliesst mir den Fernseher an. Die einjährige fernsehlose Zeit in meinem Womo geht nun zu Ende. Das frühe Schlafengehen wohl auch!
Noch fehlt beim ausgezogenen Fernseher eine Arretier-Vorrichtung. Theres empfiehlt mir einen Kettenaufzug, um einen möglichen Hexenschuss beim Anheben zu vermeiden. Ich begnüge mich vorläufig mit einem Haken, den mir Hans in seiner Werkstatt als Unikum perfektioniert.
Bei einer der schweren Spiegeltüren im Womo ist die Aufhängung ausgerissen. Mich erstaunt, dass sie neun Jahre lang über Stock und Stein gehalten hat. Hans saniert auch dieses Problem in kurzer Zeit. Die Türen lassen sich wieder locker schieben.
Theres guckt oft die Wettervorhersage und bittet uns zu einem sonnigen Spaziergang um den Chimen. Ihr Achselkugelproblem (Unfall auf dem Simplon) löst sie in der neunten Woche mit Therapie zunehmend besser.
Meine Selfis mit dem Samsung S20 geraten immer seitenverkehrt. Damit finde ich mich ab. Hans beharrt darauf, es müsse eine Einstellung geben, um diese Darstellung umzukehren. Wie Recht er hat!
Alexandra besucht uns mit Eva. Reto und Gabi laden zum Spaziergang am Sonntagnachmittag an der Reussspitze nach Frauental und zurück. Beat und Diane besuchen uns am Abend coronavorsichthalber vor der Haustüre.
So viele Highlights bei meinem Besuch in Rotkreuz.
2020 November/Dezember
Am 7. November steht endlich fest, Trump muss das weisse Haus verlassen. Ich freue mich von ganzem Herzen darüber. Trump hat Hass und Zwietracht in sein Amerika und in die ganze Welt hinausgetragen. Er ist ein Soweitesgehtdiktator mit beleidigenden, eines Präsidenten unwürdigen Sprüchen. Eine Schande für Amerika, wie dieser Lügner selbstherrlich, diktatorisch regiert und die Demokratie vor aller Welt lächerlich macht. Er behindert die Amtsübergabe. Bedenklich aber auch, wie die Amerikaner nur mit einer kleinen Mehrheit für einen Ausweg gestimmt haben. Joe Biden hat Kamala Harris als Vizepräsidentin. Ich vertraue gern anständigen Leuten in so wichtigen Ämtern.
Die Coronawelle überflutet uns wieder in der Schweiz und in der ganzen Welt. Ich muss ganz ruhig in Vilters bleiben, obwohl das sonnige Wetter mich ja schon ganz fest in die Weite lockt. Einzige Ausflüge sind etwa die Cousine im Altersheim in Gossau zu besuchen und einige Besuche in St. Gallen. Der gründliche Service bei Fürk AG am Womo hält mich nämlich vier Tage in St. Gallen „gefangen“.
Walda und Walter, meine Asien und Panamericana Reisefreunde sind in Hausen AG in derselben Lage wie ich. Sie haben ihr Wohnmobil und sich von Costa Rica nach Hause gebracht und sind mit gründlichem Service beschäftigt.
Jetzt habe ich Gelegenheit mit kurzen Wanderungen das Sarganserland im Detail kennen zu lernen. Und da entdecke ich viele schöne Pfade. Betty und Paul animieren mich dahin und dorthin mitzugehen. Überraschend, wie ich bei Wanderungen auf kleinstem Raum, Neues entdecke. Sooou schööön!
Der Kardiologe in Heerbrugg stellt keine Erweiterung meiner Hauptschlagader fest. Gut so. Auch die Blutbilder stellen meiner Gesundheit ein gutes Zeugnis aus, nur entgeht es dem Hausarzt in Walzenhausen leider nicht, dass zu viele Cremeschnitten meinen Zuckerhut aufgeschichtet haben. Warum ist eigentlich nicht gesund, was ich so liebe?
Hilfe! Die Kapuzinerpatres in Mels müssen sich in der zweiten Hälfte der Adventszeit in Quarantäne verbarrikadieren. Ein Pater einer anderen Gemeinschaft fällt in eine Depression. Notfall! Aus dieser Not heraus zelebriere ich am 3. Adventsonntag in Heiligkreuz, am 4. Adventsonntag in Vilters, in Wangs und in Heiligkreuz. Am Weihnachtsheiligtag, am Familiensonntag, am Neujahrstag 2021 und am Sonntag danach je eine Eucharistie in Heiligkreuz. Es stehen auch Beerdigungen an. In dieser Stilllegezeit übernehme ich solche Dienste. Es tut meiner Seele gut, mit den Menschen zu feiern, zu staunen und zu danken. Ein Lied, das mich stumm begleitet: „Behüte mich, Gott, ich vertraue dir. Du zeigst mir den Weg zum Leben. Bei dir ist Freude, Freude in Fülle.“
Unschön dabei: Singen in den Kirchen ist nicht erlaubt! Alle tragen Masken. Ach herrje. Die Teilnehmenden müssen sich anmelden, damit die Zahl von Fünfzig nicht überschritten wird! Obwohl diese Bestimmungen für das ganze Land gelten, will ich sie für spätere Zeiten hier festhalten.
Mir geht es gut, sehr gut. Das vor allem auch, weil Dr. Luzius Knöpfli, mein Hausarzt, mich, sobald er mich in die Hände kriegt, auf Herz und Nieren prüft. Naja, das mit den Cremeschnitten und dem Zuckerhut finde ich nicht so nett. Heute aber hat er mir am Rücken ein paar kleine Flecken Haut skalpelliert. Seiner Aufmerksamkeit entgeht eben nichts.
Vorangehende Notizen habe ich für mich privat gemacht. Da mich aber viele fragen, wie ich mit der Sesshaftigkeit zurechtkomme, will ich diese nun kurz vor Weihnachten zum Lesen freistellen.
Von Herzen und mit flatternden Gedanken denke ich immer wieder an Dich und viele Freundinnen und Freunde. Weihnachten und Neujahr ohne physisches Drücken kann in den nächsten Jahren wieder getoppt werden. Darauf freue ich mich!