2021 JANUAR

 

Zum Jahreswechsel lese ich meine Reiseberichte und Zeitungsartikel über die Grenzschliessungen und Quarantänezeit in Argentinien und die Dramen mit dem Wohnmobil und dem letzten der letzten Rückflüge in die Schweiz. Ich lese über die vielen Menschen in Argentinien und in der Schweiz, die mich in dieser Zeit aufmerksam und liebevoll unterstützt haben. Diese spannenden Geschichten ereigneten sich um Ostern 2020.

 

Mit einigen Eucharistiefeiern, bei denen ich als Nothelfer diene, verbringe ich die Zeit vom Advent über Weihnachten bis hinein ins Neue Jahr im Sarganserland, in Vilters, Wangs, Mels/Heiligkreuz und Sargans. Im Januar häufen sich die Anfragen sogar für jedes Wochenende. Ein Kapuzinerpater in Mels ist verstorben (jetzt sind es nur noch zwei) und ein Pater einer anderen Gemeinschaft muss sich in einer Klinik psychisch aufbauen lassen. Nach neuneinhalb Jahren Pensionierung werde ich corona-bedingt reaktiviert. Zwischendurch bittet man mich auch Urnen beizusetzen. Behörden und Gottesdienstbesucherinnen – es dürfen nur fünfzig Personen nach Anmeldung in einer Kirche sein - drücken mir oft ihre Dankbarkeit aus. Das gibt mir ein gutes Gefühl über das Prädikat „brauchbar“ hinaus.      Was ich in diesen Monaten wegen Corona erfahren darf, erfüllt mich mit tiefer Dankbarkeit. Alte und junge Menschen entfalten eine grossartige Aufmerksamkeit, Hilfsbereitschaft, Unterstützung, Menschlichkeit, Kreativität, Fantasie zur Tat, Zusammengehörigkeit, eine Fülle an guten Werken und Kampf gegen die Depression. Sooou schööön!

 

Statt „bliib gsund!“ witzeln manche „bliib negativ!“

 

Am 7. Januar 21 fliegen einige meiner Panamericana-Reisefreunde aus Europa nach Costa Rica zurück. Dort holen sie ihre Wohnmobile aus dem Zollverschluss. Ihr Plan: Am 21. Januar gemeinsam starten und durch Nicaragua, Honduras, Guatemala, Mexiko bis in die USA diese Reise zu Ende führen. Sie hat im November 2019 in Buenos Aires begonnen.  

 

Mein Wohnmobil steht in Vilters. Ich wohne stets behaglich darin. Sooou schööön!

Mitte Januar sind wir allerorten beschäftigt, die Zufahrten und Parkplätze vor den Häusern vom tiefen Schnee zu räumen. Bloss, wohin damit? Die tiefverschneite Winterlandschaft wirkt sooou schööön!

 

Nebst Lockdown gibt`s in der Ostschweiz auch Flockdown (Bündner TV).

In den Bergen herrscht grosse Lawinengefahr. Die ersten Snowboarder sind tot. In Zürich geht verkehrsmässig gar nichts mehr. In Bern fehlt jeder Schnee.  

Öfter mal liege ich dicht am Fenster und schaue dem leisen Schneetreiben zu. Kindheitserinnerungen und Echtzeiterlebnis. Sooou schööön!

 

Am 16./17. Januar predige ich in meinem Heimatdorf Vilters und in Sargans zum Thema Berufung. Da rede ich auch von mir. Vielleicht habe ich dir noch nie zuvor davon erzählt. Diese Passage aus der Predigt will ich dir beifügen:

 

„Berufungen wickeln sich sehr unterschiedlich ab. Samuel wird in der Nacht dreimal aufgeschreckt und als er eine Deutung von dieser Be-rufung erhält, dauert es noch Jahre, bis er zum Einsatz kommt.

 

Johannes schart ein paar Schüler um sich. Als Jesus für alle andern unerkannt vorbeigeht, sagt Johannes: „Seht das Lamm Gottes“. Sofort lassen zwei Schüler Johannes im Stich und trippeln hinter Jesus her. Der dreht sich um und fragt: „Was sucht ihr?“ Völlig ertappt sagt einer der Sensationsjäger zusammenhanglos und verlegen: „Wo wohnst du?“ Jesus wohnt nicht mehr bei seiner Familie in Nazareth. Er wohnt auf der Strasse. Darum sagt er kurz: „Kommt und seht“. Die werden sich wundern. Jesus „wohnt“ nämlich überall - bei den Menschen! (ohne Wohnung, ohne Wohnmobil, dann und wann als Gast in einem Haus).

 

Wie war deine Berufung? Hat dich der Blitz aus heiterem Himmel getroffen und vom Pferd geworfen wie Saulus? Oder hast du ein schlimmes Unwetter erlebt und ein Gelübde gemacht wie Martin Luther? So haben junge Menschen immer wieder nach meiner Berufung gefragt.

 

Nein, bei mir war es viel harmloser, viel normaler. Seit etwa der vierten Klasse wusste ich, ich möchte Missionar in Afrika werden. Da wäre ich Doktor für die Kranken, Architekt,  Bauarbeiter und Handwerker für Kirchen und Schulen. Da hätte ich einen Töff und einen Jeep, um die Menschen in den Dörfern zu besuchen. Da würde ich mit den Gemeinden sehr bewegte Gottesdienste feiern und die afrikanischen Menschen singen und tanzen sehn. Das kannte ich so von der Leinwand, wenn gelegentlich ein Missionar mit einem knarrenden Filmprojektor im Lindensaal sein Leben und Arbeiten schwarz/weiss dargestellt hat.  

 

Mich hat als Kind die Liturgie und Zeremonie in der Kirche fasziniert. Das war alles so anders als in der Schule und im Alltag an der Hintergasse in Vilters. So feierlich, so geheimnisvoll, so mystisch.

 

Ich hatte auch meine Zeit des Unglaubens während der Pubertät. Da war ich im Gymnasium in Rheineck und in Altdorf. Ich habe die Feier der Gottesdienste weiterhin gut ertragen. Aber ich habe in dieser Zeit philosophiert und psychologisiert. Vor der Matura hat mir dann Gott rechtzeitig den Philosophen Descartes über den Weg geschickt. Descartes sagt, die Frage nach Gott ist keine philosophische Frage. Ob es einen Gott gibt, kann die Philosophie genauso wenig beantworten wie sie nicht beweisen kann, dass es keinen Gott gibt. Die Frage nach Gott ist keine philosophische Frage, sondern eine Glaubensfrage! Das war für mich die klare Antwort, der ich mich plötzlich stellen musste. Will ich glauben und meinen Beruf um des Glaubens willens wählen, oder glaube ich nicht und wähle ich einen anderen vernünftigen Beruf. 

 

Ich hatte nun die Antwort, dass man für den Glauben an Jesus Christus, an Gott und den Heiligen Geist auch mal Kerzen anzünden und schöne Lieder singen darf, dass man auch erhabene Kirchen bauen und liturgische Gewänder umhängen darf.  All das habe ich in der pubertären Glaubenskrise als menschenverführend abgelehnt.“ 

 

Was für eine Abwechslung! Marco reicht mir einen Kessel Heisswasser aufs Womo Dach. Damit lassen sich die eingefrorenen Drehgelenke der Fernsehschüssel auftauen und die Schüssel wieder einklappen. So bin ich startbereit für eine Fahrt durch die Winterlandschaft bis Arbon. Das Womo startet und fährt, als ob es das täglich tun würde. Ich brauche eine neue WC-Kassette. Mit einer defekten Kassette lässt sich das Corona Ende nicht abwarten. Bei dieser Gelegenheit fahre ich auch nach Wil SG, um Gas zu tanken.

 

20. Januar 21. Der unwürdige Lügenpräsident der USA ist weg. Sein Narzissmus bricht auch mit der Tradition, bei der Amtseinführung des neuen Präsidenten anwesend zu sein. Das ist das Beste, was er tun kann. So stört er die Atmosphäre der Feierlichkeiten nicht.

 

Tiefschnee, Föhn, Tiefschnee, Regen. So wechselt die Natur launenhaft ihr Design. Ich fühle mich durch das Schneeräumen in den vergangenen Tagen topfit. Heute liegt schwerer Nassschnee. Ich fange keinen Hexenschuss, sondern Hexenmesser ein. Immer wieder sticht diese Hexe von Hinten in die Lenden-, Nierengegend auf mich ein. Ich bewege mich nur noch mit Schmerzen. Um mein Gestell zu entlasten, lege ich mich schon kurz nach 18 Uhr schlafen. Hättest du zu dieser Zeit irgendwo in der Schweiz dein Wohnzimmerfenster aufgesperrt, du würdest mich schreien hören. Selbst eine Bärin mit Jungen würde bei meinem Geschrei Reissaus nehmen. Nach dem zwanzigsten Schrei reisse ich mich mit Todesverachtung hoch, um mich aus der misslichen Lage, dem Liegen, zu befreien. Diese und weitere Nächte döse ich halb aufrecht im Beifahrersitz mit hochgelagerten Beinen. Gerade so unbequem wie bei einem Langstreckenflug. Sooou ….!

 

Am 29. Januar feiert meine/unsere Cousine den 95. Geburtstag im Seniorenheim in Gossau. Ich darf sie besuchen und mit ihr am selben Tisch das Mittagessen einnehmen. Darüber freut sie sich seit langer, einsamer Zeit am meisten. Noch weiss sie nicht, dass ich wegen eines Missgeschicks ihrerseits, nach dem Essen sogar mit einem eigens dafür ausgestellten Passierschein trotz Corona-no-way in ihre Wohnung darf, um zwischen ihr und der Heimleitung zu vermitteln.

 

Ihr Missgeschick? Der Kochherd ist auf Stufe eins eingeschaltet. Als sie ein Telefonat erhält, lässt sie sich ablenken und einen Lappen auf der Platte liegen. Nach etwa drei Stunden kommen Angestellte und die Feuerwehr angebraust. Der Haustechniker schaltet ihren Herd total ab. Sie darf in ihrer Wohnung nicht mehr kochen. Das lässt sich die fünfundneunzigjähre Dame nicht bieten und macht Radau. Die Heimleitung bittet mich zu vermitteln. Dazu darf ich ausnahmsweise mit eben diesem Passierschein in ihre Wohnung.

 

Die Cousine hat mit ihren Auftritten ohne meine Vermittlung bereits erreicht, dass der Herd wieder eingeschaltet wird. Sie ist zwar schwach auf den Beinen, aber ganz hell im Kopf und selbstbewusst im Auftreten, besser gesagt im Aufsitzen. Sooou schööön!    

 

Den Monat Januar schliesse ich mit grosser Dankbarkeit und Zufriedenheit mit einer Eucharistiefeier in der Pfarrkirche Wangs. Zu dieser Liturgie gehört das Kerzensegnen für mehr Glaubenslicht ins Dunkel unserer Tage und der Blasiussegen mit der Bitte um Gesundheit.

 

„Meine Hoffnung und meine Freude, meine Stärke, mein Licht, Christus meine Zuversicht, auf dich vertrau` ich und fürcht` mich nicht, auf dich vertrau` ich und fürcht` mich nicht.“ Lied aus Taizé

 

 

  

2021 FEBRUAR

„I stuu nid uuf und bätä nid und leerä auch dä Chüübel nid und houlä au kei Holz!“ (Vilterser Tütsch). Übersetzung? „Ich steh`nicht auf und bete nicht und leere auch den Nachttopf nicht und hole auch kein Holz!“

Meine Brüder Paul und Ernst erinnern mich mit diesem Spruch an unsere Kindheit im Dorf. Graute Einem am frühen Morgen vor einem bevorstehenden Tagesereignis, konnte man diesen Spruch anbringen. Ohne Wirkung!

Heute früh (31. Januar 21) lasse ich diesen Spruch wegen der anhaltenden Schmerzen auf Grund des Hexenschusses fahren. Ohne Wirkung! Um Neun hält nämlich bereits das Auto der Pastoralassistentin, um mich zum Gottesdienst in die Nachbargemeinde Wangs zu fahren.   

Die Hexerei dauert drei Wochen. Hexen benutzen heutzutage automatische Schnellfeuerwaffen. Mein Schädel brummt, weil ich dauernd versuche, die Schmerzen zu verdrängen. Ich schreibe das nicht, um dein Mitleid zu erregen, sondern? Es gibt einige Freunde, die können gar nicht glauben, dass ich immer so gut drauf bin und ich nur immer positiv schreibe. Jetzt hat es mich also zünftig erwischt und darum teile ich dir das auch ehrlich mit.

Und nicht genug des Jammerns. Zwei Nächte lang leide ich unter Magen- und Bauchschmerzen. Tagsüber geht’s. Jetzt lasse ich Feigensirup den Hals runter und hoffe, dass da Bewegung reinkommt.

Ich komme mir schon langsam blöd vor. Da wohne ich in einem Wohnmobil und stehe seit Monaten wie aufgebockt an derselben Stelle.   

 

 

 

 

 

2021 März

 

Am 1. März 21 starte ich für eine dreiwöchige Reise von Ost nach West durch die Schweiz. Ohne bestimmtes Ziel, einfach so, wie es kommt. Nach siebeneinhalb Kilometern parke ich bei Ragnatsch auf einem 24 Stunden Parkplatz. Mich interessiert der Jubiläumsweg von Sargans bis Flums, den Primarschüler eingerichtet haben. Auf einem kleinen Stück Weges halte ich mich drei Stunden lang auf. Lese ein paar der interessanten Tafeln zur Geschichte und freue mich an Frühlingsblumen und sprudelnden Bächen.

 

Auf dem Jubiläumsweg gibt es 15 Tafeln mit Informationen zur Geschichte der Region. Diese Tafeln wurden zum Jubiläum 1250 Jahre (im Jahre 2015, bzw 2017) gestaltet. Sie enthalten Interessantes zum Hochwasser in Flums und Mels, Kloster Pfäfers, der Rätoromanischen Sprache, den Orts- und Flurnamen, dem Schloss Nidberg, der Grafschaft Sargans, dem Testament von Bischof Tello, dem Kloster Mels, Gonzenbergwerk oder dem Städtchen Sargans.

 

Nachts fällt das Thermometer aussen auf Null Grad und innen auf Sechs. Die weiche Decke hält mich aber mollig warm. Mein Bruder Ernst neckt mich später, dass ich vor Heimweh bereits nach sieben Kilometern Halt gemacht habe. 

 

Mal wieder über den Kerenzerberg von Murg bis Näfels (2.3.). Das wär`s. Das Womo führt mich mühelos rüber. Sooou schööön!

 

Ich entscheide mich, nicht durch Zürich zu fahren und steuere Richtung Rotkreuz. Meine Schwester Theres zieht es vor zu Hause zu bleiben und meine Wäsche zu waschen. Sie sucht mit ihren beiden operierten Augen der Kälte zu entfliehen. Mit dem Effekt der zwei neuen Linsen ist sie begeistert. Hans muss sich daran gewöhnen, dass seine Frau jetzt wieder den kleinsten Dreck sieht.

 

Hans führt mich durch Wälder und Anhöhen in der Umgebung. Am zweiten Tag (3.3.) kommt mein Studienfreund Albert mit seiner Frau Verena dazu. In drei Stunden wandern wir von meinem Wohnmobil im Breitfeld übers Michelschrüz wieder  zurück. Mein Hexenrücken schimpft am Abend. Lassen wir das!

 

Ein Spaziergang bei der Vogelwarte Sempach am See animiert mich von wärmerem Wetter zu träumen. Ein tak away Plakat vor dem Gasthof Engel in Hüswil lässt mich auf die Bremse treten. Das Mittagessen wird zum Womo getragen. Das Gasthaus mit der Familie Bisten empfiehlt sich auch als Womo-Stellplatz.

 

Ich lagere vor den Toren des Zisterzienserklosters St. Urban (4.3.). Gegründet wurde es 1194 von und für Adelige, wage ich zu behaupten. 1848 wurde das Kloster per Dekret des Grossen Rates von Luzern aufgehoben und liquidiert. Vom selben Kanton um 1870 wieder zurückgekauft und nach drei Jahren zur Psychiatrischen Klinik umfunktioniert. Seit 1980 zog die Psychiatrie in Neubauten nebenan um und seit 2006 ist St. Urban Hauptsitz der Luzerner Psychiatrie. Die Klosterkirche funktioniert heute als Pfarrkirche.

 

Egal wo ich in der Schweiz stehe, Roger will mich morgen (5.3.) von St. Gallen her besuchen. Hei, das klappt bei Langenthal. Ohne Zögern setzt er sich ans Steuer. Fahrend geniessen wir die Hügellandschaft mit den Bauernhäusern und ihren gewaltigen Vordächern. Roger zeigt mir das Hotel Kreuz in Dürrenroth. Wir besteigen die Burg in Sumiswald, heute Pflegewohnheim und das Schloss mit hübschem Innenhof bei Trachselwald vom Truppenzentrum Grünenmatt aus.

 

In Burgdorf ärgern mich die Höhenbeschränkungslatten vor Parkplätzen. Wir suchen weiter und finden im Industriegebiet an der Buchmattstrasse einen Parkplatz für 24 Stunden. Perfekt und ruhig, weil am Wochenende niemand arbeitet. In drei Minuten erreichen wir den imaginären Bahnhof von Buchmatt und fahren weitere drei Minuten nach Burgdorf. Die historisch reiche Oberstadt und das Schloss sind Hingucker. Roger beendet seinen Trip in Burgdorf und fährt nach St. Gallen. Ich lege mich im Industriegebiet schlafen und werde durch Nichts gestört.

 

Am 6. März fahre ich weiter durch die schönen Hügel und Täler parallel zum Emmental. Bei Grosshochstetten rügt mich eine Frauenstimme, ich solle während der Fahrt das Telefon nicht abnehmen! Sie würden mich hinter meinem Womo beobachten. Was für ein Zufall! Helen und Stefan sind von Bern kommend im selben Moment auf denselben Kreisel zugefahren, haben mein Womo erkannt und mich bei nächster Gelegenheit telefonisch gestoppt. Von solch zufallenden Zu-fällen lebe ich andauernd. Sooou schööön!

 

Die Nacht verbringe ich wie oft schon auf dem grossen, autoleeren Parkplatz an der Lorrainebrücke in Bern.

 

Stefan steigt am Sonntagmorgen (7.3.) zu. Unser Ziel, am Creux du Van zu stehen und zu staunen und die Eishöhle von Monlési im Val de Travers zu besuchen.  Der Grund der Höhle ist mit einer meterdicken Eisschicht bedeckt, insgesamt enthält die Höhle fast 10'000 m³ Eis und ist am Wachsen.

 

Bei Montalchez, auf dem Weg zum Creux du Van hoch, muss ich kurz ein Manöver machen. Dann Retourgang einschalten und wieder den Ersten, um wegzufahren. Retour geht, beim Ersten macht das Womo einen Gump nach hinten. Noch ein Versuch und noch einer, immer dasselbe und die Kupplung stinkt zum Himmel. Schliesslich hält ein Baum meine Karosserie fest. Wir steigen aus, um nach dem Schaden zu schauen. Fahren zwei Bauern in einem Auto vorbei. Scheibe runter. „Sollen wir dich mit dem Traktor hochziehen?“ Ja gern. Er fährt zurück zum nahegelegenen Bauernhof und kommt mit dem Traktor wieder. Zieht mich ein Stück die Strasse hoch und lässt mich rücklings auf den kleinen Platz einrollen. Die beiden spontanen Bauern, soooo lieb!

 

Nach fast einer Stunde kommt der TCS Mechaniker. Prüft und legt sich dann unter den Motor. Die Auflage auf dem Kupplungskopf sei in Ordnung, aber die Seile seien etwas unordentlich. Dort könne das Problem liegen. Er versucht provisorisch mit Kabelbindern etwas Stabilität zu erreichen. Ich solle demnächst eine Werkstatt aufsuchen und bislang den Retourgang so wenig wie möglich benutzen. Danke schön!

 

Ich habe schon damit rechnen müssen, das Womo huckepack mit einem grossen Camion auf einer schmalen Bergstrasse abführen zu lassen. Noch ist es wieder einmal gut gegangen. Wir sind beide guter Dinge, Stefan und ich, und fahren bis auf vierzehnhundert Meter zum Creux du Van hoch. Ein herrlicher Ausblick in diese Felswände. Die Steinböcke lassen sich auf wenige Meter Distanz nicht stören. Sooou schööön! (Für das Projekt Eishöhle Monlési bleibt heute keine Zeit mehr.)

 

Gegen Abend kommen wir glücklich über den Verlauf der Dinge und den Creux du Van wieder in Bern an der Lorraine-Brücke an. Nur kurze Momente lang schockt mich jeweils der Gedanke, wie alles schlimmer hätte ausgehen können. Helen bekocht Stefan, Eliah, Meret und mich mit einem feinen Risotto und Filet im Teig, Spinat und Salat. So ein gesundes Essen ist für mich erwähnenswert. Sooo fein!

 

Frühmorgens (8.3.) telefoniere ich mit Fürk AG St. Gallen. Simon weiss mir eine gute Iveco-Werkstatt in Höchstetten. Zweiunddreissig Kilometer von Bern. > Die städtische Putzequipe kommt meinen verbotenen Parkplatz säubern. Ich räume ungestraft das Feld und fahre nach Höchstetten. > Unvermittelt legt sich ein Mechaniker von Luder AG für eine Diagnose unter das Fahrzeug und kommt mit Fotos raus. Die Kupplungshydraulik ist wieder leck. Ich hatte sie am Stück in Rio Gallegos Ende 2019 ersetzen lassen. Möglicherweise sind auch die Schaltseile wieder kaputt. Auch die hatte Fürk AG vor meiner Südamerikareise ausgewechselt. Da die Beschaffung der Seile wegen einer Speziallänge nicht so einfach ist, bietet Luder AG mir den besten Platz zum Verweilen vor ihrer Werkhalle und stellt wie selbstverständlich noch die Kabelrolle dazu, während ich bei kalter Bise den ganzen Vormittag über die Felder spaziere. Wie selbstverständlich offerieren sie mir auch ein kleines Auto, falls ich irgendwohin fahren wolle. So ein guter Club, diese Firma Luder AG. Zusammen mit dem Chef und acht Mitarbeitern habe ich die Znünipause verbringen dürfen und viel Dummes erzählt. Der Chef ist ein noch unentwegterer Reisefreak wie ich.  Ich weiss, was du wieder denkst, dieser Fahrende hat immer Glück! So ist es. Sooou schööön!

 

Während (9.3.) die Mechs mir das Womo zerlegen, gehe ich fünf Stunden auf Wanderschaft zum Aeschiburgsee.

 

Sabatin von Bern setzt sich nach Feierabend ins Auto und besucht mich in Höchstetten. Das Risotto à la Lorenzo schmeckt „uns“. Sabatin entlockt mir Bilder und Geschichten von meiner Russlandreise. Davon zu erzählen ist wieder erleben. Da möchte er hin.

 

Der Chef Daniel Luder nimmt sich eine Stunde Zeit, mit mir über sein Reisen und den Aufbau seiner Firma aus dem Nichts zu erzählen. Zusammen mit zwei Söhnen macht er auch Erweiterungspläne. Schliesslich zeige ich des Chefs Vater noch mein Wohnmobil. Er ist begeistert davon, was man als alter Mann noch zu Gesicht bekommt. Die Gegend erkunde ich heute (10.3.) mit dem Fahrrad.

 

Schlechte Nachricht (11.3.) bringt mir die Technomag ins Haus. Sie können keine neuen Schaltseile herstellen. Sie seien zu kompliziert aufgebaut. Fürk AG St. Gallen meint darauf, ich solle die Seile provisorisch einbauen lassen und mit Kabelbindern möglichst fixieren, um nach St. Gallen zu fahren. Dort werde er sie ausbauen und dem St. Galler Hersteller aushändigen. Daniel Luder AG findet mit seinem Mechaniker eine Lösung. Er will die Pfannen abtrennen, neue Gewinde schneiden und Pfannen mit Ringsicherungen anbauen. So wird`s gemacht! 

 

Gute Nachricht. Dank der Improvisation an den Schaltseilen, die erst noch sicherer ist als das bisherige Plastikzeug, kann ich bereits nach vier Tagen meine „Ferienreise“ wieder fortsetzen. Sooou schöön!

 

Verzögerung der Abreise: Bist du Morgen noch da, frägt der Chef? Wenn ich zu einem Interview über meine Reisen bereit wäre, würde er morgen gern ein paar Fotos machen lassen, damit wir das schon mal im Kasten  hätten und mir später einen Interviewer von der Zeitschrift IVECO & YOU auf die Versen hetzen. Na klar doch, machen wir! 

Nach Torschluss kommt der Chef mit digitalisierten Super8 Filmen aus seiner Jugendweltreisezeit vorbei. Ob er gleich reinkommen wolle? Nein, er habe einen Kollegen dabei. Schwubs kommen beide zu einem Glas Wein und verlassen mich erst nach zwei Stunden wieder. Souuu schööön!

 

Noch eine Verzögerung der Abreise: „Bist du morgen zum Mittagessen noch hier,“ fragt der Chef? „Ich möchte dich gern zusammen mit meinen beiden Söhnen Martin und Beat zum Sauerkrautfondue nach Hause einladen!“ Wer wird denn so ein Angebot abschlagen? Ich jedenfalls nicht!

 

Das Berner Bauernhaus, das Daniel bewohnt wurde 1740 erbaut.

 

Dem Käsefondue ist ganz wenig gekochtes, gehacktes Sauerkraut beigemischt. Es erhält einen leicht säuerlichen Akzent. Bekömmlich. Die beiden Jungen sprechen perfekt Thailändisch. Durch ihre Mutter von Kindsbeinen an gelernt. So eine Sprachenchance! Mit einem Holzofenbrot, einem Sack voller Wahlnüsse und einer Tüte Steinpilzen verlasse ich meine Mechs!

 

Noch nicht direkt, denn just in diesem Moment kommt der Bruder von Daniel vorbei. Vor ein paar Tagen ist Peche aus Argentinien zurückgekommen. Er ist nach St. Louis ausgewandert und hat viel zu erzählen.    

 

Auf der Autobahnraststätte Münsingen kann ich das Wohnmobil versäubern und fahre gezielt weiter nach Uebischi. Kurz vor dem Dorf entdecke ich den P14 der Schweizer Armee (12.3.). Rahel ist nach einem Telefonanruf sofort zur Stelle und wir spazieren dem See entlang. Hier verbringe ich in idyllischer Lage am Geistsee die Nacht. Die Armee führt an Wochenenden keinen Krieg!  

 

Am Morgen (13.3.) umwandere ich den See. Als ich mich per Whatsup von Rahel verabschiede, kommt sie mit ihren Söhnen Elia und Lias mit einem selbstgemachten Butterzopf im Gepäck angelaufen. Die beiden Jungen sind begeistert über meine Reisemöglichkeit in diesem Luxusdampfer und staunen über die zurückgelegten Wege. Diese gelungene Begegnung: Sooou schööön!

 

Eine P14 Nachbarin rät mir zur Weiterfahrt über Riggisberg, Schwarzenburg, Fribourg. Eine wirklich fantastische Hügellandschaft mit Schneebergen zur Seite. Ich bin etwas verunsichert wegen der künftigen Wetterlage. Am Sonntag soll es über Land schneien! Brrr. Orkanartige Böen soll es dabei geben!

 

Bei Villars sur Glâne überquere ich die Brücke hoch über der Glâne und parkiere gleich am Waldrand. Von der Brücke aus telefoniere ich Martin, der hier irgendwo wohnt. Erst nimmt er meinen Anruf nicht an. Dann ruft er gleich zurück: „Wo bist du? Ich bin bei deinem Wohnmobil!“ „Ich bin hier auf der Brücke, ich kann dich sehen,“ rufe ich zurück. Wieder so ein Zu-fall! Martin kommt von der anderen Seite her gefahren, erkennt mein Womo und dreht spontan hinzu.

 

Mein Studienfreund bewohnt mit Joselyne in Villars sur Glâne ein sehr schön umgebautes, historisch wertvolles Haus. Joselyne packt mir ein paar selbstgefertigte Rosinenguetzli in die Tüte! Auf Anraten von Martin verbringe ich diese Nacht auf dem Coop Parkplatz. Es gibt hier keine Bäume, die mir beim angekündigten Sturm aufs Dach fallen können.

 

Die Cluniazenser haben um 909 in Frankreich begonnen, ein Benediktinerkloster zu gründen. Dieser Aufbruch war herbeigesehnt und fand einen enormen Zuspruch. Eine Stiftung ist die Klosteranlage von Romainmôtier, der Kirche von Cluny nachempfunden, die mich heute (14.3.) beeindruckt. In der Anlage gibt es das Priorhaus. Die Schriftstellerin Katharina von Arx hat es zu neuem Leben erweckt.

 

Das Priorhaus stammt aus der Zeit um 1280, als die Abtei an einer Hauptverkehrsachse lag. In den Sälen erholten sich die Adligen von ihrer Pilgerreise nach Santiago de Compostela, und 1501 wurde hier sogar die Hochzeit von Margaretha, der Tochter Kaiser Maximilians von Österreich, mit Philibert von Savoyen gefeiert. Im Mittelalter gab es europaweit rund 1000 solcher Nobelherbergen.

 

Das regnerische Wetter und Schneefall, ein sich leerender Gastank und Dieselmangel vertreiben mich aus Romainmôtier. Zurückschauend auf meine Fotos wird mir voll bewusst, wie schön ich es während diesen zwei Wochen gehabt habe. Soou schööön!

Auf dem Weg nach Vilters ruft mich der Werkstattchef Daniel Luder AG an, wie es mit meinem Gefährt gehe. Sowas von aufmerksam! 

 

Jetzt hocke ich nach vierzehn Tagen und fünf Seiten getippten Erlebnissen bei zeitweisem Schneefall frühzeitig wieder in Vilters.

 

 

2021 MÄRZ T2, APRIL 

 

Ich schreibe ausnahmsweise etwas rückblickend auf die zweite Märzhälfte. Am Josefstag, 19. März kaufe ich mir ein e-bike namens ibex um die Steigungen und häufigen Föhnattacken im Sarganserland gemächlicher zu überwinden.

 

Den vorläufig letzten von zweiundzwanzig Gottesdiensten seit Juli 2020 im Sarganserland (siebzehn Gemeindegottesdienste, drei Urnenbeisetzungen, zwei Taufen) halte ich am 21. April in Weisstannen. Das Feiern und die Dankbarkeit der GottesdienstbesucherInnen ist für mich nach zehn Jahren Reisen eine wohltuende Erfahrung.

 

Der warme Frühlingsanfang kommt mir und dem neuen e-bike gelegen. Was für ein gutes Gefühl. Aber auch das Skifahren will ich nicht lassen. Bald flitze ich auf den Pisten am Pizol.

 

Eine Nachlässigkeit setzt mir (29.März) schmerzhafte Grenzen.  Ich müsste die Skibindung einstellen lassen. Tu` es aber nicht! Über einer Geländekannte haue ich den linken Schuh in voller Fahrt aus der Bindung. Mein Sturz endet mit einem Aufprall in der Steissbein- und Lendengegend. Gekrümmt auf wackeligen Beinen rutsche ich die Hänge runter bis zur Kabinenbahn. Der ehemalige Nachbar Sepp begleitet mich. Als ich in der Talstation nach Hilfe zum Aussteigen rufe, meint ein Bahnangestellter verschmitzt: „Gell. In unserem Alter lässt man keinen Rettungsschlitten mehr kommen“. Am Abend besuche ich freiwillig die Notfallstation des Spitals Walenstadt. Röntgenaufnahmen deuten ungefähr zwei Frakturen an.  

 

Mit Cortison bepackt bringen mich anderntags Betti und Paul zu meinem Hausarzt nach Walzenhausen (30. März) zur ersten Coronaimpfung mit Moderna. Um die Impfwirkung nicht zu verringern oder gar auszuschliessen, muss ich sofort auf Cortison verzichten. Ich füttere mich seither mit Medikamenten wie Ecofenac und Xefo durch.

 

In der Osterwoche nähre ich meine Seele mit Gebetsübertragungen aus der ökumenischen Communautée de Taizé. Erfüllung vom Feinsten.

 

Nach den Festtagen kann ich (6. April) ein MRI in Bad Ragaz machen lassen. Unheimliche heimliche Metastasen werden ausgeschlossen. Jetzt soll ich (7. April) ebenfalls in Bad Ragaz eine Knochendichtemessung machen lassen. Osteoporose? Das Resultat steht noch aus. 1. weil die zuständige Ärztin diese Daten erst in einer Woche verarbeitet. 2. wird dann mein Hausarzt für zwei Wochen in den Ferien sein. 3. werde ich meine geplanten zwei Wochen zur selben Zeit im Tessin verbringen.

 

Schmerzmittel sei Dank, kann ich die Tage im näheren Umfeld auf dem Campo Tamaro in Tenero herumhocken.

 

Gleich zwei Freunde (Tobias und Kornel) verbringen mit ihren Familien hier ihre Ferienzeit. Wir unternehmen kleine Ausflüge. Mila und Elin bringen mir jeden Morgen frische Gipfeli und Weggli zum Womo. Sooou lieb!

 

Kalt sind die Tage in der ersten Woche. Der Schnee schmilzt auf achthundert Metern nicht weg. Die Blumenknospen im Botanischen Garten auf der Insel Brissago haben sich teils zu früh geöffnet und sind erfroren, teils sind sie noch gar nicht erwacht.

 

Theres und Hans teilen die zweite Woche mit mir auf dem Campo Tamaro. Immer wenn sie ankommen, geht gleich was in meinem Womo kaputt. Das ist gar nicht ihre Schuld. Reiner Zufall. Sie helfen mir jeweils die Misere zu beheben. Heute ist der Wasserablauf verstopft. Nach Stunden fliesst das Wasser Dank Rorax und heftigem Pumpen wieder.

 

Im Botanischen Garten der Firma Eisenhut über San Nazzaro sind viele Blumen schon verwelkt, neue im Kommen. An dem steilen Abhang zwischen zwei Bergbächen gibt es vor allem Kamelien und Magnolien in vielen Formen und Farben.

 

Das zirka dreissig Kilometer lange Verzascatal ist roh, steil und eng. Das leere Stauseebecken gleicht einer Steinwüste. Sonogno, zuhinterst im Tal, haben die Kulturförderer herausgeputzt.

 

Die Bäume stehen (23. April) im zartesten, fragenden Grün: Wird die Eiszeit vorbei sein?

 

Beim San Bernardino Nordportal (1611m) liegt noch viel Schnee. Mit meinen Augen fahre ich sehnsüchtig die Hänge der Skirouten ab. Bin fasziniert und bleibe eine Nacht hier. Der Schnee blendet auch am folgenden Tag.

 

Rücken hin oder her. Ich kann nicht widerstehen (24.04.21). Das e-bike schiebe ich unter der allgemeinen Fahrverbotsschranke durch, dann kurve ich locker zur San Bernardino Passhöhe (2066m, Aufstieg 450m) hoch. Prachtvolle Schneelandschaften. Sooou schööön!

 

Auch einer zweiten Nacht in dieser winterlichen Gegend kann ich nicht widerstehen und stelle später fest, die Frühlingsnatur ist im Churer Rheintal voll erwacht. Sooou schööön!

 

Auch die zweite Coronaimpfung mit Moderna (27.04.) überlebe ich ohne Nebenwirkungen. Hoffentlich wirkt die Impfung trotzdem.

 

In der Klinik Gut in Fläsch soll ich mich auf Anraten meines Hausarztes einem Chirurgen zur Begutachtung meiner Wirbelsäule stellen (28.04.). Der Begrüssung fügt der Chirurge hinzu: „Ich kenne Sie. Sie haben in Halden wunderbare Gottesdienste gefeiert. Sehr schöne Feiern an Weihnachten, auch zusammen mit ihrem Kollegen, wie hiess er noch, Charlie Wenk.“  Sooou schööön!

 

Die Röntgenbilder, die wir besprechen, entstammen keiner Verwechslung. Da gibt es alte und neue Brüche bei mir im Ledenwirbel- und Steissbeinbereich, die ich noch nie zuvor gesehen habe. Ich kann mich wohl an schmerzhafte Ereignisse erinnern, als ich 1992 wegen eines Hexenschusses in der Wüste von Ägypten vom Pferd gefallen bin; als ich 1992 half, einen Palmentopf über eine Treppe für eine Überwinterung zu tragen; als ich am 28. Januar 21 beim schweren Nasschneeräumen mit  Werfen übertrieben habe; als ich am 29. März 21 beim Skifahren in voller Fahrt aus der Skibindung heraus und auf den Rücken gefallen bin.

 

Der Chirurge greift nicht zum Messer! Die Schäden sind auf Osteoporose zurückzuführen. Osteoporose, die bei Männern seltener vorkommt wie bei Frauen. In wenigen Jahren habe ich mich um sechs Zentimeter verkürzt! Wir werden zu klären versuchen, wodurch dieser Knochenabbau begünstigt wird, da ich doch Milch, Käse, Milchprodukte überhaupt sehr liebe und mich oft an der frischen Luft bewege.

 

Und weisst Du was das Schöne bei dieser vorübergehenden Schmerzphase ist? Mit dem E-bike, das ich kürzlich gekauft habe, bewege ich mich locker und schmerzfrei! Sooou schööön!

   

 

           

2021 Mai

 

Wie geht es wohl der ehemaligen Mitarbeiterin und evangelischen Pfarrerin Sabina Hösli. Um das zu klären, fahre ich nach Zollikerberg und finde sogar einen Park-Übernachtungsplatz an einem Waldrand Richtung Binz. Ich freue mich, wie Sabina hier mit wenigen öffentlichen Aufgaben ein glückliches Leben führt.

Am Muttertag (9.5.21) halten wir traditionell die Gedächtnisse unserer nächsten Verstorbenen in Vilters. Die Zahl der Verstorbenen steigt, während die Zahl der Überlebenden abnimmt.  

 

Nadine und Dominic mitsamt ihren Mädchen Joline und Shana kommen mich auf ihrer Rückfahrt aus dem Tessin (10.5.21) in Vilters besuchen. Andere reisen, warum hocke ich immer bloss rum?

 

Ein Grund sind die seit Januar andauernden Schmerzen in meinen Lenden wegen einbrechender Wirbel auf Grund von Osteoporose. Jetzt muss ich wirklich aufpassen, dass meine gute Stimmung nicht ins Jammern kippt.

 

Andreas vom Caravan Center in Arbon bringt mir in Kürze die TV-Einstellungen gemäss dem neuen Transponder zum Laufen. In dieser regnerischen, kalten Maienzeit freue ich mich vermehrt historische Filme und Naturfilme zu schauen.

 

Tobias will mir helfen, wieder in Fahrt zu kommen. Unterwegs zu ihm muss er mir mitteilen, sein sechsjähriger Sohn werde von Kopfschmerzen geplagt und brauche seinen Papa zu Hause.  So verbringe ich denn diese Tage (17.-21.5.21) alleine im Thurgau. Mache kurze Velotouren zur Kartause Ittingen und nach Stein am Rhein. Bei Berlingen geniesse ich ein feines Womo-Dinner beim Restaurant Seestern.

 

Im Taizégottesdienst am Pfingstsamstag (22.5.21) in Halden fühle ich mich total zu Hause. Schön zu erleben, wie unsere NachfolgerInnen dieses wertvolle Gefäss der Stille und des Gesanges pflegen. „Die Stille ist die Arbeitszeit des heiligen Geistes“, zitiert Hansjörg eine Klosterfrau.

 

Am Pfingstsonntag (23.5.21) kommt im Neudorf die Organistin Maja Bösch auf mich zu: „Ich möchte jetzt „Juhu“ auf die Liedertafel schreiben, da du da bist. Wir singen nämlich das „Vater unser“! Bewegend diese Aufmerksamkeit der quirligen, vielseitigen Organistin und Chorleiterin und bewegend der mehrstimmige Gesang. Dieses gesungene „Vater unser“ nach einer Melodie von Rimski Korsakow, habe ich in unseren Gemeinden eingeführt. Auch so eine bleibende, kleine Stiftung.

 

Restaurantbesuch ist bis Ende Mai wegen Corona nur auf Terrassen im Freien erlaubt. Mit Heidi und Gallus fahre ich zum Restaurant Krone in Speicher. Der Kellner bringt uns Beindecken und ist laufend damit beschäftigt, unseren Schirm bei wechselnder Wetterlaune zu öffnen bzw. zu schliessen. 

 

An Hand von Röntgenaufnahmen kann sich mein Arzt in Walzenhausen (25.5.21) meine Dauerschmerzen in der Lendengegend gut vorstellen. Wegen zwei Wirbeleinbrüchen kneifen die Schmerzen nun schon während vier Monaten in mein Wohlbefinden. Um die Osteoporose in den Wirbeln (Knochen) zu stoppen, wird mir während den nächsten zwei Jahren alle drei Monate eine Ibanpronat-Spritze gesetzt. Als Ergänzung lutsche ich täglich Calcimagon-D3 Tabletten.

 

Dank Osteoporose werde ich demnächst meine Skiausrüstung entsorgen. Ein total kopflastiger Entscheid. Der tut vielleicht im Sommer weniger weh als beim ersten Schneefall im kommenden Winter.

 

Ich muss zugeben, ich hatte bisher ein undifferenziertes Bild vom Islam, von Mohammed, von den Sunniten und Schiiten, so etwa wie man sich landläufig auch von den Christen, Protestanten und Katholiken ein pauschales Bild macht. Ich hatte immer den Eindruck, der Islam bräuchte eine Zeit der Aufklärung. Die Religionsgelehrten müssten es zulassen, ihre Grundvoraussetzungen zu klären, notfalls sich auch von aussen sagen zu lassen, welchem Denk- und Verteidigungsmuster sie innerhalb des Islam und ihrer Geschichte verfallen sind.

 

Endlich habe ich das richtige Buch in der Hand. Es heisst: „Gottes falsche Anwälte, Der Verrat am Islam“ und ist von Mouhanad Khorchide geschrieben (Herder Verlag). Khorchide gibt Auskunft über die verschiedensten Schulen und Strömungen des Islam, die Verflechtungen mit Politik, Macht und Rechthaberei. Er legt dar, wie Mohammed nichts anderes wollte als die Menschen zu Liebe und Barmherzigkeit aufrufen. Haarsträubend, wie je nach politischem Nutzen die Prophetie von Mohammed ins Gegenteil verkehrt wurde und wird. Genauso ist es Jesus und seiner Botschaft im Christentum ergangen.

 

Von der Auseinandersetzung über solche Themen innerhalb der Islamgelehrten zu wissen, erfüllt mich mit Hoffnung. Trotzdem wird so ein Prozess noch hundert Jahre dauern und die islamischen Kirchenoberhäupter, Politiker und Strategen werden weiterhin alles daran setzen, ihre totalitäre Macht-Version nicht hinterfragen zu lassen. Trotzdem, da tut sich was!  

 

 

Die letzten Maitage verbringe ich auf dem Naturpurcamping bei Gütighausen ZH an der Thur, dem Lieblingsplatz von Kornel. Die Tage werden immer sonniger und wärmer. Velofahren. Lesen. Vögeln lauschen. Was sie zu sagen haben, weiss der Kuckuck! Sooou schööön!  

 

2021 JUNI

 

Es kommt nicht oft vor, aber heute (1.6.21) bin ich um fünf Uhr losgefahren, um den Mechanikern in St. Gallen ihren Platz freizugeben. Gereizt hat mich ein unbekanntes, steiles Hügelgebiet mit kleinen Strassen. Kennst du Schurten, Unter- und Ober- Hamberg, Sitzberg, Kellersacker, Tablat, Wila. Den frühen Morgenstunden zum Dank fahre ich ohne Gegenverkehr!   

 

Vor Lipperschwendi finde ich einen Kiesplatz mit offener Schranke. Und auch am Morgen ist die Schranke nicht verschlossen. Das E-bike schiebt mich über Fischenthal, Raad, Hüebli hoch zur Scheidegg/Wald (1196m). Wunderschöne Aussicht über den Zürichsee auf die Glarner und St. Galler Alpen. Sooou schööön!

 

Stilvolle Terrassen liegen vor dem hübschen Restaurant Scheidegg. Der geöffnete Teil der Terrasse ist voller Gäste. Der Kellner bietet mir, sich fast entschuldigend,  einen Tisch im Innenraum an. „Sie sind unser Ehrengast. Der erste Gast, der seit der Coronasperre wieder im Innenraum Platz nimmt.“ Nach einem feinen Tatar und einer riesigen Portion „rehbruni-schrägschiligi-chammberi-meringue-mit-iis“ offeriert er mir nicht nur einen Espresso, auch noch einen zarten Grappa dazu. Sooou überraschend.  

    

Der Aufenthalt in Rotkreuz (3.6.21) fällt verkürzt aus. Ein Reisefreundespaar (Asienreise 2017 und Panamericana 2019/20) meldet sich aus Kempten und gleichzeitig eins aus dem Wallis: Wir kommen dich gern in Vilters besuchen! Ebenfalls überraschenderweise kommt am Abend noch ein Paar (Meia und Peter) aus Flond im Bündnerland dazu! Sooou schööön!      

 

Drei Nächte verbringen Erstere auf dem Park4night beim Restaurant Ilge. Drei Mal dinieren wir da sehr fein. Claus hält fest, dass wir seit mehr als einem Jahr (am 5.6.21) wieder in einem Restaurant-Innenraum bewirtet werden dürfen.

 

Mit meinen Freunden aus Norddeutschland (Telse und Claus) und dem Aargau (Walda und Walti) laufe ich gemütlich viele Strassen meines Heimatdorfes ab. Die Gäste sind von den gepflegten Blumen und Gärten beeindruckt. 

 

Die „Kunstausstellung“ RagARTz in Bad Ragaz scheint mir sehr viele Ideen von früheren Ausstellungen schwach zu kopieren. Die Attraktion im Giessenpark hat für mich total an Reiz verloren. Vielleicht sind einige Skulpturen vor dem Hotel Quellenhof und in Valens oder nachts eindrucksvoller. 

 

Daniel unterbricht seine Radtour in Bad Ragaz, um mit mir über Reiseerfahrungen zu reden. Er bezeichnet sich als Womoeinsteiger. Auf dem Rad hingegen ist er fast Profi. Einmal ist er vom Nordkap zurück in die Schweiz gefahren und unter anderem hat er die Pyrenäen auf dem Kamm überquert. Das Restaurant Rössli in Bad Ragaz, wo Daniel nächtigt, bietet uns ein Sechsgangmenü für hundertneunundzwanzig Franken. Das lassen wir erst mal sein.  

 

Bärbel und Hans (Seidenstrasse, Panamericana) besuchen mich in Vilters (11.6.21) auf ihrem Weg von Winterbach/Stuttgart ins Maggiatal. Sie beweisen mir mit knallrot schimmernden Körbchen, ihr Remstal ist ein Erdbeeranbaugebiet.

 

Den Sonntag (13.6.21) verbringe ich mit viel Schmerzen im Flumserberg und toppe mich mit Mitteln dagegen. Am Montag (14.6.21) fühle ich mich fit für eine Velotour. Theres besucht unsere Verwandten, während Hans und ich von Vilters aus losradeln. Pfäfers, Vättis, Kunkelspass (1356m), Tamins, Chur, Vilters, das bedeutet 77km und 1450m Aufstieg. E-bike sei Dank.

 

Sie war eine dienstbereite Sekretärin in Gossau, meiner ersten Arbeitsstelle als Kaplan. Einmal im Monat arbeitete sie auch samstags, um die Abläufe und Texte unserer Jugendgottesdienste zu schreiben und zu vervielfältigen. Solche Gottesdienste, von Jugendlichen erarbeitet und gestaltet, hielten wir jeweils an Sonntagabenden mit tausend Leuten. Vergangene Zeiten, wertvolle Erinnerungen auf Schritt und Tritt. Heute nehmen wir Abschied von Rosmarie in der Pauluskirche. Bei der Begrüssung der Gäste vor der Kirche sind wir beide total voneinander überrascht, dass wir beide da sind: Der Sänger und Musiker Malcolm Green und ich. Malcolm schwärmt: „Du bist meine Geschichte.“ Malcolm singt das „amacing grace“. Sooou schööön!

 

Nach einem Besuch bei meiner betagten Cousine in Gossau, entscheide ich mich spontan, mich nach einem Campingplatz im Jakobsbad umzuschauen. Der Platz ist eigentlich voll, aber der Platzwart, Leo Huber, findet für mich noch ein paar Meter!

 

Regula, Herrmann, Irene und Eugen finden mich im Jakobsbad. Frühere Berg- und Skitouren tauchen in der Erinnerung auf. Sooou schöön!

 

Die Velowege sind leider nur entlang der Strassen möglich. Trotzdem verwandelt sich die Landschaft immer wieder vor meinen Augen. Appenzell, Weissbad, Brülisau, Jakobsbad. Sooou schööön!

 

Dominic kommt mit seiner Harley Davidson 08 von St. Gallen angefahren. Eine ruhig knatternde, dreihundert Kilogramm schwere, wassergekühlte Maschine, die bei Vollgas klassisch dröhnt!

 

Ausser Katrin und Meinhard aus Österreich, die mich jeden Abend zu einem Glas Wein bei Sonnenuntergang einladen, gibt es fast nur Berner auf unserem grossen Camping Jakobsbad. Bern muss ein gewaltiger Kanton sein.  

 

Marco meldet mir einen kleinen Ölfleck auf meinem üblichen Stellplatz. Darum fahre ich von Jakobsbad zu Fürk AG (18.6.21) nach St. Gallen. Es scheint die Dichtung am Ölwannenablauf zu lecken. Das bringt Simon schnell in Ordnung. Eine Testfahrt aber ergibt, dass die Wanne um die Ablaufschraube herum leckt. Ein neuer Termin für eine neue Wanne!

 

Sonntagmorgen um drei Uhr (20.6.21) erwache ich in Vilters mit heftigen Magen-, Bauchschmerzen am eigenen Leib! Zwei Mal würgt mich ein Erbrechen. Im Bett ziehe ich eine Jacke an und die Decke über mich. Es soll heute über dreissig Grad heiss werden und ich friere.  Dauernd wechsle ich die Seite im Bett und ausserhalb, um die Schmerzen kurzfristig zu lindern. So winde ich mich in den Tag hinein. Meine Vermutung: Die Schmerzmittel, die ich wegen der schmerzenden Lendenwirbel regelmässig einnehme, beginnen den Magen zu quälen. Am Abend darf ich meinen Hausarzt anrufen. Leider habe ich es in der Schlotterphase verpasst, Fieber zu messen, so elend und willenlos habe ich mich erlebt. Der Arzt klärt im Gespräch ein paar mögliche Ursachen und mein Schwager Sepp bringt mir unverzüglich treffende Medikamente aus seinem Fundus vorbei. Sooou schööön!

 

Am Montag (21.6.21) ist der ganze Spuk mit den Magenschmerzen vorbei. Und, o Wunder, auch die Wirbelschmerzen sind überwunden. Ich fühle mich wie neu erfunden. Nur ein Brummschädel sagt mir, dass da was war. Sechs Monate seit dem Schneeschaufeln, bzw drei Monate seit dem Skiunfall haben die Schmerzen wegen Osteoporose einbrechender Wirbel angedauert. Jetzt ist aber Schluss damit. Sooou schööön!

 

Mit Betty und Paul fahre ich zu Theres und Hans nach Rotkreuz.  Feines Mittagessen. Bestaunen des Gartens und der Blumen. --- Am Nachmittag stelle ich mich dem Arzt zur medizinischen Fahrausweisprüfung. Die bestehe ich ohne jegliche Einschränkung. --- Als wir in Vilters ankommen, schickt Theres ein betrübliches Bild. Hagel hat alles Farbige und Grüne zusammengeschlagen und der Wintergarten ist voll Wasser angelaufen.

 

Mein Womo steht (23.6.21) bei Fürk AG in St. Gallen. Die Ölwanne wird am Vormittag ausgewechselt. Zurück nach der Testfahrt am Nachmittag muss ich anmelden: Die Klimaanlage schaltet nicht mehr aus, ebenso wenig der Rückfahrmonitor. Nach einiger Zeit wird ein nasses Relais gefunden, das beim Druckwaschen des Motors Wasser abbekommen hat. Dieses Relais wird ersetzt und alles funktioniert.  Ich verabschiede mich zum zweiten Mal an diesem Nachmittag und kehre gleich wieder zurück. Beim Bremsen mit wenig Geschwindigkeit spüre ich ein Ruckeln am Steuerrad und ein metallisches Geräusch von unten. Eine Verbindungsstange zwischen den Vorderrädern wurde beim Austauschen der Ölwanne verkehrt eingesetzt und … beim Korrigieren gleich nochmals verkehrt und zum Füllen der Mängelliste wird noch eine lockere Schraube gefunden. Mittlerweile zeigt die Uhr auf Feierabend. Den von Peinlichkeiten gedemütigten Mechaniker entlasse ich mit einer Überraschungsnote für seinen Geldbeutel. Man kann ja die Dinge auch mal drehen!

Dieser Nachmittag macht auch mich müde. Ich entscheide die Nacht auf dem Areal zu verbringen. Gut so, denn am Tag danach ruft CCC Arbon an, meine Hydraulikstütze für eine Aussenklappe sei angekommen. Bald bin ich von Urnäsch kommend auch da vor Ort und Andy behebt diesen Mangel. Eine Klappe am Womo weniger, die mir regelmässig auf den Kopf fällt.  

 

 

Die täglich angesagten Hagelschläge vom Jura, über Bern bis in die Innerschweiz lassen mich vorsichtig in der Ostschweiz verweilen. Meine Versicherung AXA schickt mir nach dem ersten Vorfall von sich aus einen Link: „Falls Ihr Auto vom Hagelschlag getroffen wurde, melden Sie den Schaden mit diesem Link…... Wir kümmern uns.“  

 

2021 Juli

 

Am 5. Juli lasse ich mir in der Apotheke in Bad Ragaz in der Nase herumbohren und ein Testat auf Italienisch ausstellen. Alles i.O! Die Erklärung auszufüllen, wohin ich fahre und mich aufhalten werde, habe ich nach mehrmaligem Scheitern im Internet aufgegeben und dann vergessen. Beim Grenzübergang nach Italien in Como wird es sich zeigen, was Sache ist.

 

An der Grenze werde ich nicht beachtet, nicht einmal durchgewinkt, sondern fahre einfach durch. Niemand interessiert sich für mich und meine Dokumente. Das Geschrei, alle nötigen Papiere zu beschaffen ist laut, die Umsetzung durch Kontrollen unmöglich und auf der Strasse total vernachlässigt. Da wird man wohl selber zum Vernachlässigen ermuntert.  

 

Die Empfangsdame am „Camping no stress“ ist erstaunt, dass ich mehr wie eine Nacht in Como bleiben werde. Das sei unüblich. Man würde hier meistens nur eine Transitnacht verbringen.

 

Im Süden erwartet man immer schön Wetter. Auch darum soll die Hochzeit von Irina und Gian Luca am 7. Juli 2021 in der Villa Geno bei Como stattfinden. Schwarze Wolken drohen das Spiel zu stören. Wir beginnen darum die Zeremonie im Garten etwas früher. Just nach meinen einführenden Worten und dem vom Bräutigam gesungenen Lied, entscheiden wir den Austragungsort in den Saal der Villa Geno zu verlegen. Hier führen wir die Zeremonie zu Ende, während draussen kurz heftiger Regen niederprasselt. Meinem Empfinden nach stört diese Umstellung die spirituelle Dichte kaum.

 

Worte wie „das Spiel“ und den „Austragungsort“ sind dem EM-Match Dänemark gegen England geschuldet, der während des Mahlhauptganges der Hochzeitsgesellschaft stattfindet und beim Stand 1:1 in die Verlängerung führt.

 

Das habe ich befürchtet. Nach dem vielen Regen sind zwei Schränke an der Rückwand innen nass! Paul hilft mir leiterliauf, leiterliab den Schaden von Anfang März 21 auf dem Dach fachmännisch zu beheben. Einen Tag lang arbeiten macht mich hundemüde!

Auf dem Weg nach Berlin (ab 11. Juli 21) nächtige ich bereits vor Ulm und auf einem Holzerplatz im Fichtelgebirge. Nach zwei Tagen erreiche ich trocken den Stellplatz Oase in Berlin Mitte (westlich von Trier bis Köln werden ganze Dörfer von Wassermassen verwüstet und teils mitgerissen).

 

Besuche sind angesagt bei Patrice, Heidi, Benno, Maricka (die Namen gelten stellvertretend für Familien). Patrice und Alyona besuchen mich mit der kleinen Amaia öfters auf meinem Stellplatz beim Gesundbrunnen in Berlin. Bei Heidi in Köpenick gibt’s feinen Kuchen im Garten und sitzen an der Spree. Bei Benno in Köpenick ein Frühstück mit der Familie. Mit Maricka und Willi lerne ich den Trebuser See mit dem feinen Restaurant Seeblick kennen und am Nachmittag einen feinen Kuchen zu Hause in Schöneiche. Alles sooou schööön!

 

Im Gebiet Grünheide stampft Tesla ein riesiges Elektroautowerk aus dem Boden. Die Bevölkerung hat Bedenken vor künftiger Gewässerverschmutzung - es gibt hier viele kleine Seen - und dem anschwellenden Boden- und Wohnpreis.

 

Am 20. Juli 21 wird nach zehn Jahren Bauzeit für 680 Millionen Euro der Neubau des Humboldt-Forums eingeweiht. Die Fassade ist im Stil des Schlosses, das von den Kommunisten vernachlässigt und geschleift und jetzt neu aufgebaut und umbenannt wurde. In den Innenhöfen stehen modernste Zwischentrakte für Ausstellungen und Veranstaltungen. 

 

Mit Felix vom Stellplatz Oase kann ich eine Verlängerung von vier Stunden aushandeln, damit Patrice mit Alyona und Amaia am Freitagnachmittag zusteigen kann. Mein Lösungswort: „Ich werde im Womo bleiben. Sie können mich von einer Ecke zur anderen versetzen, wenn ich nur da bleiben darf“. Ok, sagt Felix schliesslich.

 

Eben (22.7.21) will ich das Womo in Richtung Stadt verlassen, da kommt die Retourkutsche. Felix will mich der Reporterin Katrin und dem Fotografen Gerd von der Berliner Zeitung BZ vorstellen. Sie fertigen als Sommerfüller einen Artikel über Wohnmobilstellplätze in Berlin! Weil ich schon eine Weile da sei, würde es die Zeitungsmacher interessieren, meint Felix. Über eine Stunde bleibe ich im eifrigen Gespräch mit Katrin, während sie ihr Notizheft seitenweise füllt und Gerd wird mir seine Profifotos für meinen Blog zur Verfügung stellen! Durch Rückfragen erfahre ich auch Persönliches von den Beiden, was ich hier nicht preisgebe. „Wo ist es für Sie am Schönsten,“ fragt die Reporterin? „Da, wo es zu einer echten Begegnung kommt, so wie jetzt diese Stunde mit Ihnen,“ lautet meine ehrliche Antwort. Sooou schööön!

 

Am Abend ruft mich ein Redaktor der Fachzeitschrift IVECO & YOU an. Du erinnerst dich, ich stand vier Tage lang wegen kaputter Schaltseile bei IVECO LUDER AG in Höchstetten in Reparatur. Der Chef Daniel meinte damals im März 21, meine Geschichte „zehn Jahre Wohnmobil“ gehöre in die oben genannte Fachzeitschrift. Jetzt ist es soweit. Der Artikel wird nicht meine Motorenkenntnisse und Pannen ausbreiten, sondern lediglich ein Portrait von mir. Richard von Ingolstadt (D) wird nach diesem Telefonat und dem Schnuppern auf meiner Webseite den Artikel selber schreiben. Das gefällt mir: Ich plaudere und andere arbeiten.

 

Nach zwei Tagen Fahrt treffe ich mit Patrice, Alyona und Amaia am 24.7.21 punktgenau um 14 Uhr in Freiburg i.Br. bei der Autovermietung ein. Zeitgleich erreichen uns ohne zeitliche Abmachung Dominic, Gioia, Joline und Shana, letztere mit ihrem Grosi Silvia aus der Schweiz kommend. Von hier aus umfahren wir mit drei Autos Colmar und setzen über den Col de la Schlucht auf den Col du Sapois. Ich bleibe wegen der Fahrzeuggrösse allerdings auf dem Stellplatz in Ramberchamp bei Gerardmer zurück. Die letzten hundert Meter zur Bérgerie, dem Ferienhaus von Lambeau`s, ist für mich ein unpassierbarer, enger, steiler Naturweg. Den schaffe ich täglich nur mit dem E-bike.

 

Was für eine Idylle, diese Bérgerie. Ein grosszügig modern ausgebautes Schäferhaus mit einem riesigen Panoramafenster auf die Vogesenhügel. Westlich davon die Aussenmauern einer grossen gepflegten Ruine. Mittendrin eingeebnet als Aufenthaltsort und Spielplatz. Sooou schööön!

 

Wanderwege gibt es um den Gerardmersee und über die dichtbewaldeten Heidelbeeren-Hügel.

 

Selestat im Elsass fasziniert durch die bunt bemalten Fachwerkbauen. Für die kleine Amaia ist es Zeit zur Umkehr - sie erträgt das Rücklingssitzen im fahrenden Auto nicht. Dominic besucht mit seiner Familie und Silvia noch den hübschen Ort Ribeauvillé und bringt Gewürztraminer zum Raclette nach Hause. Sooou schööön!

 

Bei der Bérgerie am Col du Sapois fliesst frisches Wasser von einem Zuber zum andern. Hier gestalten wir eine Segensfeier (29.7.21) für die fünf Monate alte Amaia. Willkommen in der familiären Gemeinschaft und Gottes Schöpfung! Sooou schööön!

 

Colmar verblufft mit Riegelbauten im dichten Strassennetz der Altstadt. Das schätzen tausende Touristen wie wir. Gleich gegenüber der Kathedrale St. Martin locken und verführen Crèmeschnitten und Eclaires im Schaufenster eines Caffées. Alles sooou schööön!

 

Le Corbusier hat auf einem historisch mit Kapellen bebauten Hügel in Ronchamp (FR) eine wirklich sehenswerte Chapelle erbaut. Er schaffte damit 1955 den Durchbruch zum modernen Kirchenbau. Die schwere, geschwungene Betondecke scheint durch eine Lichtnute doch eher wie ein Zeltplane über den massiven Mauern zu schweben. Damals konnte man in der Bauweise noch nicht auf Seitenaltäre verzichten, wo überzählige Priester gleichzeitig „die Messe gelesen“ haben. So gibt es neben dem Kapellenaltar noch drei versteckte Nischen mit Altären. Grundzüge dieser Architektur von Le Corbusier wurden in der Folge bei Neubauten hunderte Male nachempfunden.

 

Nach einer gelungenen Ferienwoche aus - wegen Corona -  verschobenem Anlass zum 80. Geburtstag von Silvia trennen sich ihre Familien wieder. Die Familie Gioia/Dominic reist in Frankreich weiter. Die Grosi besteigt in Freiburg i.Br. den Zug in Richtung Schweiz. Die Familie Alyona/Patrice bringe ich im Womo zurück nach Berlin. Sooou schööön!

 

 

 

2021 August

Am 1. August 2011 habe ich mit vielen Freunden in der Wallfahrtskirche Ziteil im Gebirge den letzten Abschiedsgottesdienst zur Pensionierung gefeiert und bin dann mit meiner Schwester Theres und Schwager Hans über das Engadin in die Dolomiten losgezogen. Das war der Beginn meiner zehnjährigen Reise, die ich noch keinesfalls beenden möchte.

 

Statistik zum Womo: - 285000 Kilometer in zehn Jahren gefahren. - Ich gestehe zirka 40000 Liter Diesel (inklusive Heizöl) in Europa, Asien, Nord- und Südamerika verbrannt zu haben - mit dem Womo zweiundvierzig Staaten befahren zu haben (einige davon zwei- und mehrmals. Zähle ich alle Reisen vor der Womo-Ära noch dazu, erweitert sich die Liste um Afrika, Australien und Grönland auf insgesamt dreiundsechzig Staaten).  Am Schönsten und Interessantesten war es immer da, wo ich gerade war. Sooou schööön!

 

I am missing you! Kleine Amaia. Ich vermisse dein ernstes, ruhiges Nachdenken sichtbar auf deinem zarten Gesicht. Ich vermisse deine gelingenden Versuche, dich vom Rücken auf den Bauch zu drehen und zurück. Dein geduldiges Greifen und Strecken nach Gegenständen. Ich vermisse dein Beobachten der Handbewegungen, wenn Kinder und Erwachsene etwas vom Teller zu ihrem Mund führen. Und ich vermisse dein Lächeln und die vor Entzückung ausgestossenen Laute. Das Fahren und Schlafen im Wohnmobil von Berlin in die Vogesen und zurück hat dir sehr gefallen. Du bist jetzt fünf Monate alt. Während einer Woche habe ich deine Entwicklung beobachten dürfen. So feine Schritte! Sooou schööön!  

 

In Magdeburg sehe ich (5.8.21) Womos an der Elbe stehen, finde aber den Zugang dorthin nicht. Enttäuscht suche ich Bernburg a.d. Saale auf, weil ich doch Neues in Sachsen Anhalt kennen lernen möchte. Unweit von der Mündung der Saale in die Elbe liegt das sehr naturnahe, ruhige Camping von Bernburg, wo die Saale auf Grund von Schiffschleusen Tag und Nacht lautlos vorbeischleicht. (2013 wäre mein Womo an dieser Stelle allerdings übers Dach hinaus im Wasser gestanden, erzählt die Campingleiterin.)

Im Schloss Bernburg erhebt sich markant der Eulenspiegelturm aus dem späten 12. Jahrhundert.  

 

Nebst Rehen und Hasen entdecke ich bei einer Velotour der Saale entlang (6.8.21) den Wasserturm von Alsleben und das Schloss Plötzkau. Tags darauf verirre ich mich flussabwärts total in den Feldern. Immerhin heben da und dort Rehe den Kopf zum Gruss und legen auch mal einen Sprint ein.

 

Quedlinburg (9.8.21) erreiche ich nun wieder mit dem Womo. Diese Kleinstadt bietet ein paar hübsche Riegelbaustrassen (Fachwerk). Halberstadt hingegen nur Dome und Kirchen. Alles andere ist von lieblosem Zweckbau. 

 

Wernigerode lockt Touristen in die Riegelbaustrassen. Im Burgenbus hocken mir zu viele Leute. Ich nehme Abstand und lasse das Schloss über dem Städtchen thronen.

 

Heute ist mein Namenstag (10.8.21). An Tagen wie diesen gibt`s auch mal Ärger. PKWs haben mich mit Parken verbarrikadiert. Links kämpfe ich vorsichtig um Zentimeter und rechts um scharfe Randsteine. Ich muss nochmals ein wenig zurücksetzen. Da passiert es. Ich kann das Auto, das hinter mir bereits in meine Parklücke drängt nicht sehen, hören schon! An seinem Auto entsteht ein fast unsichtbarer Schaber. Er will es aber seiner Firma melden, weil er ein Dienstauto fährt.

 

In Witzenhausen bleibt mir der Campingplatz versperrt. Die einzige Zufahrt durch das Städtchen ist zu eng.  

 

Bei der Durchfahrt in Laudenbach trifft es mich wie vom Blitz aus heiterem Himmel mitten ins Gesicht. Ich kann nicht einmal ein Lächeln aufsetzen, so schnell geht das. Viel kann es mich nicht kosten. Aber ärgerlich ist es alleweil für mich, für die Deutschen und Schweizer Behörden, die mich ausfindig machen müssen. 

 

Genug jetzt an diesem Tag. Wenigstens haben die Laudenbacher einen grossen Lagerplatz nicht abgesperrt. Hier verbringe ich die Nacht. Frei! Fast frei, denn den Erlös finden die Laudenbacher bereits in ihrem Blitzerkasten.  

 

Auf dem Weg nach Rothenburg o.d.Tauber erhalte ich von Maricka ein Foto vom Zeitungsartikel „Urlaub auf Berliner Asphalt“ in der Berliner Zeitung (11.8.21). Die Reporterin Katrin Bischoff gibt mein Interview gekonnt wieder.

 

An Maria Aufnahme in den Himmel (15.8.) feiern drei meiner Geschwister, drei Schwägerinnen und zwei Schwager meinen fünfundsiebzigsten Geburtstag in den Flumserbergen.

 

Zum Klassentreffen der 3. SeklerInnen von Sargans organisiert Christoph eine Führung durch die Freiluftausstellung Ragartz in Bad Ragaz. Ein paar Hinweise helfen mir ein bisschen begreifen, was andere unter Kunst verstehen, sagen wollen, ja sogar hohe Geldsummen dafür verlangen, wie zum Beispiel für ein plattgepresstes  Schweizer-Ölfass. In meinem Womo (und in meinem Verstand) findet nichts davon Platz.

 

 

Seit dem 12. August  bleibt mein Laptop gehackt! Grausam! Für mich sind keine Daten mehr zugänglich. So ein Verlust, so ein Gefühl von Bedrohung über Tage und Nächte. Das Laptop muss ich Profis in Sargans überlassen. Genau am 31. August 21 zaubert mir der Profi auch diesen Reisebericht als letztes Dokument wieder auf meinen Desktop! Welch glücklicher Moment. Sooou schööön!

 

2021 SEPTEMBER

Wo liegt wohl Emmetten? Theres und Hans bringen mich zu diesem Ausflugziel (2.9.21) an einer der Verästelungen des Vierwaldstättersees. Von der Bergbahnstation am Niederbauen aus und vom HundsChopf geniessen wir die herrlichen Aussichten von Altdorf bis Luzern.

 

Auf der Alp Riet (5.9.21) zwischen dem Urner Boden und Braunwald lerne ich die Eltern des Bräutigams anlässlich meiner wohl letzten (!) Trauung am 11.9. kennen. Die Grashänge sind sehr steil und die Felsen türmen sich mächtig über dieser Alp auf.

 

Hans macht mir Angst. Mit seinen dreiundachtzig Jahren setzt er mir zu hohe Marken, um ihm nachzueifern. Mit dem e-bike von Vilters über Azmos bis zur Alp Palfries 1711m.  Die Anstrengung setzt ihm überhaupt nicht zu. Mir schon, obwohl ich acht Jahre jünger bin (6.9.21).  

 

Über dem Kloster Pfäfers liegt die Alp St. Margrethenberg. Der Weg dorthin ist steil und nach Mastrils runter geht es nasengäch meist über eine Naturstrasse. Bei der Tardisbrücke im Tal angekommen tönt es wie Sand im Getriebe. Die Bremsbelege sind aufgefressen (7.9.21). Der Velomech in Mels macht sich sofort an die Arbeit. Sooou schööön!

 

Die Aussicht Pardiel von den Laufböden bis zum Wangserseeli ist gewaltig schön. Die Seilbahn bringt Theres, Hans und mich ganz gemächlich rauf und runter (8.9.21).  

 

Eben assistiere ich am Samstag (11.9.21) der letzten Trauung meiner Versprechen. Die Trauung von Nicole und Daniel in der Kirche Vilters ist so lebendig und wohltuend, dass mein Entschluss, es sei das letzte Mal gewesen, schon wieder fast ins Wanken gerät. Nach dem Gottesdienst säumen Traktoren von der Kirche bis zur Dorfstrasse hin den Weg, den das Brautpaar zu Fuss bis zum Pferdegespann abschreitet. Schön zu sehen, wie ein junges, engagiertes Bauernpaar im Dorf akzeptiert wird. Auf dem Bauernhof im Saarfall entfaltet sich ein riesiges Festgelände zum Apéro.

 

Endlich terminfrei! Ich ziehe los auf eine kleine Schweizerreise, überrasche Menschen, die ich im Laufe der Jahre kennengelernt habe.

In Berikon AG (13.9.21) treffe ich Astrid und Christoph an. Sie waren gleichzeitig wie ich in Argentinien und haben meine Website gelesen. Die Nacht verbringe ich in aller Stille am Friedhof über dem Reusstal.

In Bergdietikon AG (14.9.21) überrasche ich Erika und Röbi. Als Dank für den Parkplatz essen wir im Restaurant Bergli.

In Höchstetten BE (15.9.21) besuche ich Daniel, Beat und Martin Luder, meine IVECO Spezialisten. Daniel hat einen Reporter beauftragt, in der Zeitschrift IVECO&YOU ein Portrait von mir zu erstellen. Es wird in der Oktoberausgabe veröffentlicht. Ich werde es dir zugänglich machen, sobald das Heft ausgeliefert sein wird. Noch mehr Publicity geht kaum.   

Das Krauchtal zwischen Hindelbank und Worb erscheint mir mit seinen kleinen Weiden im Tal und an den Hügelhängen sehr lieblich. Zwei Felshöhlen sind zu Wohnungen für Menschen ausgebaut und wirklich bewohnt. Zwei Gämsen weiden gemächlich am Waldrand. Flachlandgämsen ohne Gehege? Für sie gibt es ein paar niedliche Kletterfelsen im Wald. Die Frauen in Hindelbank und die Männer in Thorberg, nicht weit voneinander entfernt, aber hinter Gittern, erleben diese Naturschönheit nicht. 

 

Schon um neun Uhr morgens darf ich auf den Camping Eichholz in Wabern bei Bern (16.9.21) an der Aare einfahren; ÖV in Bern in den Campinggebühren inbegriffen.

Weiter geht`s mit Besuchen!

Helen bekocht Stefan und mich zum Diner. Am Morgen (17.9.21) bringt Stefan frische Gipfeli und mehr zum Womo im Eichholz.

Am Abend setze ich mich an den Kommunentisch von Maria, meiner ehemaligen Jugendarbeiterin und von Andreas, meinem ehemaligen Pfarrermitarbeiter in St. Gallen. In ihrem Haus, an ihrem Tisch finden immer LangzeituntermieterInnen einen Platz.

In dunkler Nacht finde ich auf einer Sandbank an der Aare im Eichholz Sabatin mit einer Kollegin an einem wärmenden, romantischen Feuer. Alles sooou schööön!

 

Der Murtensee, an dem ich stehe (20.-22.9.21), wirkt so lieblich wie das mittelalterliche Städtchen selber.

Morgens liegt noch Nebel nach den Regentagen. Dieser Nebel hebt sich, als ich mit dem E-bike (21.9.21) über Sugiez, Môtier auf den Mont Vully trampe. Leider ist es noch zu trüb für einen Blick auf Eigen, Mönch und Jungfrau. Im Dunst kann ich den Neuenburger- und den Bielersee ausmachen.

Dem Städtchen Avenches kann ich nichts abgewinnen. Umso mehr spricht das Amphitheater und das römische Feld an, auf dem Reste von Tempel, Theater und Thermen zu sehen sind.  

Nach einundvierzig Kilometern bin ich einmal um den Murtensee wieder zurück in Murten.

 

Das Überwippen der Täler und Hügel zwischen Donneloye und Romont ist sehr ansprechend.

Romont FR (22.9.21) präsentiert sich attraktiv auf einem steilen Hügel. Im Innern der Altstadt bleibt aber aller Zauber weg. Unterhalb der Umgehungsmauer gibt es ein europaweit angepriesener Wohnmobilstellplatz. Schöne Lage an der Abendsonne, aber alles andere als komfortabel und bei der Ausfahrt greifen Bäume mit ihren Ästen nach meinem Gefährt.

Rue, Oron, Cossonay, L`Isle bieten mir keine Parkplätze. Die Fahrt aber über die sanften Hügel empfinde ich wunderschön. Ich staune, was für neue, hübsche Gegenden ich im Kanton Fribourg und Waadt entdecke. Sooou schööön!

 

Auch Cossonay weist auf meiner Strassenkarte ein Sternchen auf. Ich kann diese Attraktion nicht finden.

 

Auf tausend Meter Höhe liegt der Lac de Joux (23.9.21). Erinnerungen an den See steigen seit meiner Schulreise vor sechzig Jahren in mir keine mehr auf. Ist aber doch eine flotte Gegend. Sogar die SBB steigt auf diese tausend Meter Höhe bis Le Brassus. Endstation!

 

Ich e-bike in der Gegend herum. Vor dem See und hinter dem See. Wunderschön. Da und dort entdecke ich Gämsen beim Grasen auf Kuhweiden. Sooou schööön. 

 

Am 7. März 21 hatte ich die Schaltseilpanne am Womo bei Montalchez hoch über dem Neuenburgersee. Dahin will ich, um die hilfreichen Traktor-Bauern mit einem Dankeschön zu überraschen. Das GPS führt mich über Verneaz, Fresens nach Montalchez. Hei, wie bedrohlich eng sind diese Höhentrassen zwischen den Steinmauern der Rebhänge und durch die Dörfer. Keine Ausweichmöglichkeiten. Ich schwitze mich durch!

In Montalchez arbeiten die Bauern ebenso vertrackt auf engstem Raum in ihrem Dorf. Bei jeder Bewegung mit den Traktoren müssen sie zweimal ansetzen. Eine Frau verlässt ihr Haus und grüsst mich freundlich. Ich erkläre ihr mein Anliegen. Sie begleitet mich zu einem sehr alten Bauernhaus. Hier müssen sie wohnen. Meine zirka vierzigjährigen Pannenhelfer vom März helfen ihren Eltern über`s Wochenende (25.9.21) die Silos zu füllen.

Der Weg zurück zum Neuenburgersee ist mir zu umständlich. Auf gut Glück fahre ich vorwärts über Provence, Mutrux, Concise. Was für eine breite Prachtstrasse. Diese will ich das nächste Mal wählen, um auf den Creux du Van zu gelangen!  

 

Die Fahrt dem Neuenburgersee und dem Bielersee entlang den Rebbergen ist wunderschön. Leider gibt es für mein grosses Gefährt nirgends eine Ausstellmöglichkeit. Nach Neuchâtel wird ein Camping Paradies angeboten. Hier biege ich ein. Enttäuschung!  Dieses Paradies liegt genau unter der Autobahn! Auf dieses «Meeresrauschen» will ich gern verzichten. Wieder raus!

 

Des Weiteren finde ich von Biel bis St. Gallen keine vernünftige Route abseits der Autobahn. Alle Hügel, Täler und Strassen sind Nord-Süd ausgerichtet. Da gibt es Verbindungen zu Hauf aber nicht von West-Ost. Inklusive einem vierzigminütigen Stau wegen eines Auffahrunfalls vor Zürich ermüdet mich die Fahrt vom Lac de Joux bis Gossau SG schon ziemlich.

Ein letzter Besuch auf dieser Schweizer-Tour ist in Gossau (26.9.21) angesagt. Leider gibt es keinen Ausflug mit dem Rollstuhl. Der dick eingebundene Fuss meiner Cousine passt in keinen Schuh. Also will sie die Ausfahrt bleiben lassen.

 

 

  

2021 Oktober 

 

Ich begleite meinen Patensohn Tobias in den Tessin. Auf dem Camping Tàmaro treffen wir auf Nadine und ihre Kinder. Hier verbringen wir eine sonnige, bei Dunkelheit etwas kühle Woche (9.-15.10.21).

 

Die Zahnradbahn schaufelt in je einem von drei Zügen hundert Menschen von Capolago am Luganersee meist durch dichten Wald bis auf den Monte Generoso Vetta. Der Restaurantneubau von Mario Botta präsentiert sich aussen als Blume, Blütenknospe hübsch von allen Seiten. Ein gelungenes Äusseres. Der untere Eingang gleicht einem Stollen und führt zu einem engen Treppenhaus und zu den Liften. Viel Platz geht da verloren. Auch dem Selbstbedienungsrestaurant kann ich architektonisch nichts abgewinnen. Ein Wartesaal. Wir bevorzugen bei warmem Sonnenschein die grosszügige Terrasse, windgeschützt hinter einer Glaswand. Das oberste Stockwerk mit dem 360 Grad Panoramarestaurant bleibt geschlossen. Vielleicht hätte mich der Architekt auf jenem Stockwerk mehr begeistern können. So gebe ich mich halt mit dem Anblick des Äusseren zufrieden (11.10.21).

 

Gleich neben dem Camping Tàmaro liegt der Ankerplatz der Schiffslinie (Magadino) Locarno. In Locarno tummeln sich trotz Corona wieder viele Leute auf dem Hauptplatz und am See (12.10.21).    

 

Während meine FreundInnen den attraktiven Murmelweg im Valle Verzasca abwandern, bike ich erst der Maggia und dann der Melezza entlang bis zur Ponte dei Cavalli und zurück über Verscio und Ponte Brolla zum Camp in Tenero (13.10.21).

 

Die Swissminiature in Melide bietet den Kindern und uns Erwachsenen ein paar interessante Ansichten über Bauten und Bahnen in unserem Land (14.10.21).

 

Telse und Claus treffen auf dem Weg von Norddeutschland nach Süden auf dem Camping Tàmaro ein. Sie erzählen von ihrem Highlight mit ihrem Womo vom Gotthardpass die Tremola hinunter.

 

Während sich Tobias mit Nadine und ihrer Familie verabschiedet, trifft Kornel mit Franziska und Yara von Sardinien herkommend auf dem Camp ein. Reger Betrieb! 

 

Am Samstag trennen wir uns wieder. Kornel bleibt bis Sonntag. Während Telse und Claus weiter in den Süden fahren, fahre ich auf den San Bernardino (16.10.21). Das e-bike schiebt mich vom Südportal bequem auf den Pass (2067m). Da das Wetter stabil wolkenfrei bleibt, bike ich wieder runter und hole mir Küche und Bett, ja meine ganze Rollwohnung auf den Pass.  

 

Am Sonntag (17.10.21) enteist die Sonne ab 09.10 Uhr mit voller Strahlkraft mein Womo. Es steht auf dem Leng Boden, kurz vor der Passhöhe. Greifbare Stille! Das Vieh ist weg, das Wild sucht schützenden Wald in tieferen Lagen. Einzig ein Rotschwänzchen hüpft dann und wann herum und wippt für ein paar Augenblicke nervös mit seinem zierlichen Körper. Die Stille und Lichtlosigkeit in der Nacht wirken gespenstisch. Dann steigt in der Dunkelheit der Mond auf, wächst, wirft einen silbernen Schimmer über Berge und Felsplatten und stiehlt mir und den Sternen die Show, die Romantik.    

 

Zeit für mich, die Erlebnisse bis hierher aufzuschreiben. Sooou schööön!

 

Und weil der Ort und die Gegend für mich so stimmig sind, hänge ich gleich noch zwei Nächte an (insgesamt vom 16.-20. Oktober 21). Die Umgebung auf dem San Bernardino überrascht beim Wandern mit vielen kleinen Seen. Es lockt mich, mit und ohne Fernglas stundenlang die Felswände zu betrachten, Aufstiegsrouten zu planen, Abseilstellen einzurichten, meist an der wärmenden Sonne vom Liegestuhl aus. Sooou schööön!  

 

Telse und Claus haben vom Campo Tàmaro aus über «Nebenwege» Mailand erreicht, sind über die Bernina und den Julierpass wieder in Vilters eingezogen. Wir wollen Meia und Peter, unsere Asienmitreisenden in Flond überraschen. Das geht nicht. Meia und Peter hüten Enkelkinder auf Sardinien! Also fahre ich stattdessen mit Telse und Claus mit der SBB nach St. Gallen, wo wir die Stadt besichtigen und ich meine Freundin Trudi und Hans treffe, die anderntags wieder nach Malaga in ihre Wahlheimat zurückfliegen. Siehst du, wir sind ein bewegtes Volk! Und solche Begegnungen sind sooou schööön!  

 

Auf dem Weg zur Swiss Caravan Ausstellung in Bern verpasse ich es nicht, den Kilometerstand auf meiner Anzeige zu fotografieren: 288`888 Kilometer nach zehneinhalb Jahren. Nicht dass ich das Womo wechseln möchte, aber mich treibt schon mal die Frage um, was werde ich wollen, sollte das Gefährt eines Tages einfach stillstehen? Mit diesem Hintergedanken schaue ich mich mal auf der Messe um. Bei Dutzenden Anbietern in den Ausstellungshallen finde ich nichts Passendes als Folgemodell. Kleiner dürfte es sein, aber wintersicher. So lasse ich demnächst mal wieder die Kupplung prüfen und hoffe das war`s, was an Mängeln an meinem tollen Womo auftritt.  

 

In Bern habe ich die Ehre, Janette, die Reiseleiterin unserer abgebrochenen Panamericana-Tour bei ihrer Einfahrt auf den Wohnmobilstellplatz vor dem Caravan Salon (EXPOBERN) zu begrüssen. Ihr zweites Wohnmobil wartet immer noch in Mexiko, weil die USA bisher gesperrt war. Im November 2019 ist sie mit uns in Argentinien gestartet!  Ab November 21 könnte es für sie endlich weitergehen. Am Seabridge Infostand gibt es ein Wiedersehen mit Arthur, Kostya (Asienreise), Sandra und Janette (Panamericana).

 

Die Lichtshow «Planet Hope Comeback» am Bundeshaus wirkt gewaltig. Von der Arche Noah zurück bis zum Urknall und herein bis in unsere verschmutze Zeit und zurück in paradiesische Zustände. Eine sehr ansprechende, anrührende halbe Stunde open air (27.20.21).  

 

Zum Abschluss der Jagdsaison gibt`s nochmals Gämspfeffer zusammen mit Geschwistern und Verwandten, Rosmarie und Urs von Gossau. Sooou schööön! (31.10.21)

 

 

2021 November 

 

Mein Oktoberbericht endet mit dem Pfefferessen (31.10.21) am Ende der Jagdsaison in Mels.

 

Unser Schwager Sepp nimmt mit Freude am Essen. An Allerheiligen fühlt er sich in seinem Haus in Vilters noch ausgesprochen wohl. Am 2. November liegt er bereits mit einem Schlaganfall im Spital. Er wird sich mit viel Geduld und Therapien in Valens wieder hochrappeln.

 

Unser Bruder Ernst freut sich über die Zusammenkunft und das Essen ebenfalls sehr. Am 3. November erwacht er am Vormittag nicht mehr. Er ist, wie er sich das für sein Lebensende gewünscht hat, einfach nicht mehr aufgewacht. Verstorben. Uns wird ein wichtiger Gesprächspartner über historische Ereignisse und Personen im Dorf fehlen. Wen immer er gemocht hat, dem hat er seine Herzenswärme ausgestrahlt und sein Interesse gezeigt. Seine Frau Sibilla muss in dieser Trauerzeit zum Teil mit Spitalaufenthalten und regelmässigen Arzt- und Spitexbesuchen versuchen, eine offene Wunde zu heilen. Manchmal schlägt das Schicksal gleichzeitig hart zu. 

 

Im Oktober 1974 habe ich die kirchliche Arbeit als Kaplan in Gossau begonnen. «Du beginnst Morgen mit der Frühmesse um sechs Uhr», war die ganze Einführung von Seiten meines Chefpfarrers! Zum Glück fand ich in der Sakristei einen menschenfreundlichen Sakristan, der sich meiner Unbeholfenheit annahm. Wir arbeiteten während fünf Jahren zusammen. Heute (5.11.21) nehme ich mit seiner Frau Lisbeth, seiner Familie und den Trauergästen Abschied in einer Eucharistiefeier an eben jenem Altar in der Andreaskirche Gossau, an dem ich so oft mit dem Messmer gefeiert habe. Ich fühle mich bei meinem Dienst sehr wohl, auch in der Zusammenarbeit mit dem Theologen Martin Rusch. Der Messmer Noldi Ammann ist mit fünfundneunzig Jahren verstorben. Seine Tochter Gabi steht seit meinen zehn Reisejahren in digitalem Kontakt mit mir. Sooou schööön!

 

Die herbstlichen Farben an Bäumen und Sträuchern geniesse ich mit kleinen E-biketouren. Zu meinem Foto vom Mapraggsee schreibt mir Patrice aus Berlin: «vielleicht sinnbildlich, wie sich dann doch alles in der Mitte trifft: Licht, Schatten, Perspektiven, Elemente…» Seine Interpretation erreicht mich nach der Beisetzung von meinem Bruder Ernst. (11.11.21).

 

Über meine Unbescheidenheit mag ich reden. Was kann ich denn dafür, dass in der Zeitschrift IVECO & YOU bereits wieder ein Artikel über mein Camper-Dasein gedruckt wird? Daniel Luder AG hat den Auftrag gegeben und Richard Kienberger, Deutschland, hat den Artikel verfasst, gefällig, wie mir scheint. Mein Neffe Norbert bemerkt allerdings, der Bericht sei schamlos, verglichen mit meinen Reiseberichten und den Pannen mit Iveco. (direkt nachfolgenden Link in den Browser kopieren: https://magazin.iveco.ch/ivecoyou/2-2021/wohnmobil-iveco-daily-reisen)

 

Bei zweifelhaften Wetterprognosen starte ich mit meinem Schwager Hans zum E-biken in den Tessin, genauer in die Leventina (15.-18.11.21). Der Camping Gottardo, 700m. Chiaggiogna/Fusnengo (südlich Faido) nimmt uns für unsere Absichten an toller Lage auf. Am Montag beginnt unsere E-bike-Safari. Ich nenne dir gern die Namen von ein paar Dörfern, die wir hoch oben erforschen. Vielleicht bringen dir die Namen Erinnerungen, vielleicht hast du keine Ahnung, wo die Dörfer hoch oben hängen, wie ich bisher keine Ahnung davon hatte.  

 

Also: 1. Bei Lavorgo hoch nach Calonico zur Kirche San Martin auf dem markanten Felsvorsprung. Auf derselben Höhe von rund tausend Metern südlich nach Anzonico, Cavagnago, Sobrio (35.4km, Aufstieg 890m, 15.11.21).

 

2. Von Lavorgo auf die Gegenseite über Chironico nach Gribbio, Seghino auf 1430m und runter durch`s Bosco Grande nach Dalpe, Prato in der Leventina und die Gola di Monte Piottino hinunter nach Faido und zurück zum Camp (32km, Aufstieg 980m, 16.11.21).

 

3. Vom Camp Gottardo nach Faido, Primadengo, Campello, Molare, Carì und runter über Vigera, Osco, Freggio nach Polmengo, Faido zum Camp (30km, Aufstieg 1080m, 17.11.21).

 

4. Wir versetzen das Womo nach Airolo. Auf der alten Passstrasse biken wir über Lärchennadelteppiche hoch zur Tremola. Diese Schottersteinstrasse wollen wir hoch. Nach der Ponte di Mezzo ist Schluss. Es liegt zu viel verwehter Schnee auf der Strasse. Wir setzen zurück und nehmen die ordentliche Passstrasse. Auf 2020m Höhe ist auch da Schluss. Die Tunnelöffnung ist mit einem Blechtor verschlossen! Autofreie Abfahrt garantiert. Bei Cima del Bosco legen wir einen kurzen Abstecher zu den Festungswachhäusern im Weiler Stüei (1570m) ein. Diese Wachhütten sind allesamt in privaten Händen. Wir geniessen die Aussicht ins Bedrettotal, auf Airolo hinunter und über die Leventina hinaus (20km, Aufstieg 840m, 18.11.21). Sooou schööön!

 

Was früher bei mir eine Bergtour an Glücksgefühl auslöste, bewirkt heute eine E-bike-Tour. So viele Täler und Höhen lassen sich erkunden. Die reinste Safari. Sooou schööön!  

 

So nebenbei gesagt, aber für mich sehr wichtig: Die vier Tage Velotouren am Stück haben im Endeffekt meinen Rücken gestärkt und von Schmerzen fast total befreit. Sooou schööön!

 

In Lütolf`s Städtlitorkel in Sargans (20.11.21) präsentiert der Bariton Samuel Zünd in Begleitung von Nilgün Keles, Klavier und Emil Scheibenreif, Saxophon und Klarinette grimmassenreich in allen Tonlagen einen Haufen lustiger Gedichte von Christian Morgenstern. Enrico Lavarini hat sie eigenwillig gekonnt vertont.

 

Im Schatten des Taminatales wird es saukalt um meine Ohren (21.11.21). Ich beschliesse darum von Vättis nicht mehr durch dieses abweisende Tobel zu fahren, sondern über den Kunkelspass der Sonne entgegen. Wärmer wird es auf 1358m nicht. Auch nicht im Churer Rheintal, wo der Wind mir entgegenweht. Bei wärmerem Wetter hätte es der Akku meines Bikes geschafft, mich unterstützend bis nach Vilters zu schieben (70km, Aufstieg 1170m). Nun aber streckt er fünfzehn Kilometer zuvor alle Viere von sich. Das Trampeln wird streng.

 

Dreizehn Mädchen und Buben erklären sich bereit, der Ministrantenschar im Dorf beizutreten (21.11.21). Um das Geimpft-, Nichtgeimpftproblem zu lösen, zelebriere ich den Aufnahmegottesdienst separat mit ihren Eltern und Geschwistern, dem Messmer, dem Diakon und dem Organisten. Vor fünfundsechzig Jahren war ich bereit, in derselben Medardus-Kirche in Vilters den Mini-Dienst anzutreten. Sooou schööön!

 

Wie steht`s mit Reparaturen? Das Brillengestell ist zerbrochen. Fielmann Buchs ersetzt es mir trotz abgelaufener Garantie ohne einen Cent Kosten!

 

Am Womo rattert es beim Wegfahren in steilem Gelände. Die Kupplungsscheibe kaputt? Nein, Fürk AG St. Gallen ersetzt die Lagerung der Antriebswelle unter dem Fahrzeug und das Rattern ist behoben. Auch die eine Schraube, verantwortlich für den Halt der Kabine auf dem Fahrwerk ist bald ersetzt und die Halterung verstärkt. Jene auf der rechten Seite hingegen beschäftigt uns stundenlang und ist nicht ersetzbar. Der 220 Liter Wassertank verdeckt den Zugang und ist ohne enormen Aufwand wegen versteckter Füll-, Reinigungs- und Abflussrohre nicht ausbaubar. Ein Gewirr von Elektrokabeln kreuzen und queren davor. Roman hängt jetzt Dutzende von Elektrokabeln wieder passgenau an. Alles funktioniert wieder, nur die eine Fixierung des Wohncontainers (24./25.11.21) fehlt noch.

 

Die dritte Reparatur gilt meiner Osteoporose am Rücken. Der Arzt in Walzenhausen versetzt mir die dritte Ibanpronat-Spritze und gleich noch die Grippeimpfung dazu (24.11.21). Die Boosterimpfung von Moderna kriege ich demnächst in Heiden AR. Und die vierte Covid-Welle rast mit Omikron verstärkt aus Südafrika heran.   

   

Mein Schwager Sepp kann Samstag/Sonntag von Valens nach Hause, muss aber für weitere Therapien wieder zurück (27.11.21). In dieser reisebeschränkten Zeit helfe ich gern als Taxifahrer. Es liegt der erste Neuschnee, ein paar Zentimeter davon.

 

 

 

2021 Dezember

 

Beim Boosterimpfen in Heiden AR (1.12.21) erwarte ich unerkannt durchgereicht zu werden. Fehlschlag. «Du bist doch Lorenz, der Pfarrer von Halden», sagt die Frau beim Checkin. Und am Ende des Prozesses sagt eine Zweite beim Aushändigen des Zertifikats: «Du bist doch Lorenz, du hast uns getraut. So schön, dich zu treffen.»

 

Über meine Verwandtschaft erstelle ich eine Namentabelle mit Geburtstagen, Adressen, Handynummern und email Adressen. Von meinen Eltern Marie und Bonifaz an ist diese Zelle bis heute, zähle ich die bisher Verstorbenen mit, auf hundertsieben Personen angewachsen. Meine Verwandten und vor allem junge «Neuzugezogene» schätzen diese Übersicht ihrer Verwandtschaft.   

 

Der Messmer Daniel von der Neudorfkirche St. Gallen erlaubt mir wieder, mein Wohnmobil an die Seite der Kirche zu stellen (4.12.21). Heimkommen! Willkommen!

 

Niklaus, ein ehemaliger Mitstudent und Mitwerker in der Kirche begegnet mir als Erster auf dem Kirchplatz. Schön zu hören, wie Niklaus in seiner Pensionszeit ganz erfüllt ist von dem, was er erschaffen und geschaffen hat. An der eigenen Beziehung arbeiten, lange für sich meditieren und Meditationskurse leiten schenkt ihm innere Zufriedenheit, die sich auch in seinem Gesicht und seiner Körpersprache wieder spiegelt. Sooou schööön!  

 

Christoph, der als ehemaliger Lehrer und Schulleiter von der Notkerflade seit zehn Jahren meine Berichte liest, strahlt ebenfalls eine tiefe, heitere Lebensfreude aus. Sooou schööön!

 

Mit Peter Roth spreche ich in der Neudorfkirche über unsere gemeinsamen Gottesdienst- und Konzerterlebnisse, die er als Komponist und Musiker in unseren Kirchen Halden und später auch im Neudorf gestaltet hat. Peter lebt eine innere Ruhe und Zufriedenheit. Auch in seiner Nähe fühle ich mich sehr wohl. Peter hat noch kurz vor Konzertbeginn die innere Gabe, intensiv zuzuhören. Zur Corona-Situation meint er sinngemäss: «Seit Beginn des Homo Sapiens ist es das erste Mal, dass alle Menschen weltweit zur gleichen Zeit vom gleichen Problem betroffen sind und es gemeinsam lösen müssen. Das bewirkt weltweit eine neue Unbeholfenheit, aber auch eine neue Solidarität.» Sooou schööön!

 

Daniel zeigt uns ein paar Grundeinstellungen der neuen LED-Kirchenraumbeleuchtung. Grandios, welche Stimmungen er hervorzaubern, bzw welche Details er sorgfältig anleuchten kann. Er steht irgendwo im Raum und bedient die Beleuchtung per Ipad. So raffiniert.  

 

Um 20 Uhr beginnt Peter Roth das Weihnachtsoratorium «Friede auf Erden» in der Neudorfkirche (4.12.21). Chorprojekt, SolistInnen, InstrumentalistInnen. Der Komponist hat sich im Winter 2018 auf den Monte Vertià bei Ascona zurückgezogen. In nur drei Wochen hat er dieses Werk geschrieben. Peter kehrt die Bilder der Weihnachtsgeschichte in die umgekehrte Reihenfolge. Er lässt uns zuerst das «Stille Nacht» singen. Danach fordert der Tenor uns heraus: «Glaubt ihr das wirklich, was ihr da singt?» Dann lässt er Szenarien folgen, die allesamt belegen, dass wir der Weihnachtsbotschaft nicht trauen, sie nicht umsetzen. Was soll das Gerede vom hilflosen Kind und den Engeln in unserer erbärmlichen Welt?  

 

Erst als der Tenor sich darauf besinnt, seine Gier nach Einfluss, Geld und Macht, hätten ihm nur Elend gebracht, findet er Zugang zur Botschaft: «Ich bin nur Gast auf Erden für eine kurze Zeit. Und wenn ich`s wohl bedenke, erfüllt mich Dankbarkeit! Ich bin ein Teil der Schöpfung und alles ist Geschenk! Ich will als Gast mich fühlen, will acht- und sorgsam sein mit Menschen und mit Tieren, was lebt und sei`s ganz klein! Ich bin ein Teil der Schöpfung und alles ist Geschenk».  

 

Darauf lässt der Komponist uns alle den Choral singen: «Wer dieser Erde Güter hat und sieht die Armen leiden. Und macht die Hungrigen nicht satt, will Dürftige nicht kleiden, ist untreu seiner ersten Pflicht: Er lebt die Liebe Gottes nicht, er lebt die Liebe Gottes nicht!»

Und die frohe Botschaft? «In der Zuwendung zum kleinen Kind, in der Zuwendung zu Allem was neu werden will, in unserer täglichen «Menschwerdung» ist Gott uns ganz nah. In der Zuwendung Gottes zu uns Menschen liegt das Geheimnis seiner «Menschwerdung»»! Grund ein kräftiges Gloria zu singen.  

 

Die Stadtpräsidentin von St. Gallen, Frau Maria Antonia Pappa ist Lektorin an der Kathedrale. Was sie dort als Frau nicht darf, ist predigen. Der Bischof mit seinem Gesinde will sich an römische Vorgaben halten! Nicht so im Neudorf in derselben Stadt.

Heute (5.12.21) ist Kirchweihfest mit einem festlichen Gottesdienst. Maja Bösch hat einen feinen Projektchor und ein ad hoc Orchester zusammengestellt. Das ist ihre Stärke! Alle musizieren und singen gern mit dieser lebendigen, sympathischen Musikerin. Die Festpredigt hält die Stadtpräsidentin zum Thema Wirkkraft des Namens. Sie besinnt sich auf ihren eigenen Namen «Maria». Ich höre ihr gern zu, wie sie persönlich berichtet, wie Namen Vor- und Urteile entstehen lassen und wie Namen eine Persönlichkeit positiv und negativ mitprägen können.  

 

In Vilters werde ich öfter mal als Taxifahrer gebraucht. Bei meinen Verwandten stehen wichtige Arzttermine an. Alle gestehen wir uns ein, wir sind älter geworden.

 

In St. Gallen schneit es. Die zwei offiziellen Stellplätze sind belegt. Darum ziehe ich es vor, in die tiefere Region nach Arbon (8.12.21) zu fahren, um auf den Morgen zu warten. Das Seitenfenster beim Fahrersitz ist undicht geworden und durch eingetrocknetes Kondenswasser milchig trüb. Das stört bei direkter Sonnenbestrahlung und auch beim Rückwärtsfahren nachts enorm. Diesen 9. Dezember 21 verbringt mein Womo im Camper & Caravan Center in Arbon. Ich werde vorzüglich behandelt. Strom für die Nacht. Weg von der Strasse parkieren. Trotzdem weckt mich Aldi auf der anderen Strassenseite nachts um vier Uhr mit dem blechernen, scheppernden Laden und Entladen der Container eines LKWs. Abends ist das Seitenfenster ersetzt und die Gummifüllung getrocknet. Regen soll Dank einer neuen Dichtung am Dach nicht mehr in die WC-Lüftung eindringen. Die durchgeknallte Schraube an der Verankerung des Wohntraktes am Fahrgestell ist neu verklebt. Das Radio wieder abschaltbar, weil Andy die Demo-Funktion, die sich nach dem totalen Stromausfall eingeschaltet, wieder ausgeschaltet hat. Wau. So viele kleine Sachen auf einmal. Ich fahre wieder ein total cooles Womo. CCC sei Dank!

 

Nach getaner Arbeit fahre ich von Arbon Richtung Vilters. Kurz vor Kriessern kriecht ein Merdes auf dem Pannenstreifen. Kein Licht. Nur die Warnblinker funktionieren. Ich fahre auf den Rastplatz Kriessern Nord, um mein Handy zu laden. Nach einer Weile klopft es an der Türe. Parlez vous français? Salim ist Franzose, algerischer Abstammung, arbeitet teilweise in St. Croix bei Yverdon in der Schweiz. Schafft Spezialteile auf computergesteuerten Maschinen. Kommt jeden Tag von Pontarlier FR zur Arbeit. Ist verheiratet und wohnt mit Frau und drei Kindern eigentlich in Nizza. Er ist aus dem Welschen unterwegs zu einem Autohändler im Rheintal SG, der ihm einen Porsche Cayenne verkaufen, bei dieser Panne aber nicht helfen will! kann! Der Alternator an Salims Mercedes ist kaputt. Die Batterie wird nicht mehr geladen. So der Befund.   

Das alles weiss ich natürlich erst, nachdem ich ihm spontan alle Hilfe und eine warme Stube mit Tee in meinem Womo angeboten habe. Er muss mein Telefon benutzen, um mit seinem Arbeitgeber, seinem Bruder, seiner Frau, seiner Versicherung in Frankreich zu telefonieren. Ich bestelle ihm den TCS. Das Abschleppen kostet für einen Ausländer pauschal und bar 280 Franken. Es sind gerade mal sechs Kilometer nach Altstätten, wo der TCS für ihn eine Garage und ein Hotel sucht. Die französische Versicherung findet unser Vorgehen akzeptabel. Salim braucht lediglich eine Kostenbestätigung vom TCS und vom Hotel, um das Geld wieder zurück zu bekommen. Um all das zu klären sind eine Menge Gespräche gelaufen.

 

Die TCS-Pannenhelfer meinen, ich solle im Womo gut nachschauen, ob noch alles da sei. Sie hätten so ihre Erfahrungen! Ich entgegne, dass ich seit zehn Jahren in der ganzen Welt tausende Menschen einlade und noch nie bestohlen wurde. Die Leute seien zu überrascht von meiner einladenden Offenheit, um überhaupt an Diebstahl zu denken. Die Pannenhelfer bedanken sich für die Übersetzungshilfe vor Ort. Salim bedankt sich mehrmals mit einem festen Händedruck und merklicher Rührung: «Dich hat der Himmel geschickt!» Ich gestehe ihm und den zwei Jungs vom TCS: Dich hat der Himmel geschickt? Das ist nicht weithergeholt. Ich bin katholischer Pfarrer.» Alle Drei quittieren meine Aussage mit einem lautstarken Oooh und ihre Gesichter leuchten erheitert anerkennend auf!

Der ganze Prozess hat Dank meiner Hilfe nur zweieinhalb Stunden gedauert. Was für kalte Füsse hätte Salim gekriegt und käme immer noch nicht vom Fleck, von dem er keine Ahnung hatte, wo der liegt. Er wollte ja am Nachmittag nach der Arbeit, die er morgens um fünf Uhr begann, nur schnell quer durch die Schweiz fahren, um ein Occasionsauto in Rebstein SG anzuschauen.  

 

Was soll`s! Weiss ich doch, wie froh man im Ausland um Hilfe ist und habe ich doch immer wieder Hilfe «zur rechten Zeit am rechten Ort» erfahren. Davon will ich weitergeben, so viel ich kann. Sooou schööön!  

 

Auf der Weiterfahrt möchte ich die Schnapszahl, die demnächst auf meinem Tacho erscheinen wird, fotografieren. Das Handy liegt hinter mir auf dem Tisch. Unerreichbar während des Fahrens und für so eine Schnapsidee auf dem Pannenstreifen anhalten ist wohl strafbar. Ja…,ja…,ja…, wir schaffen das! Exakt vor der Einfahrt zur Raststätte Rheintal West erscheint die erwartete Zahl auf dem Tacho: 290290 km! Ich fahre auf den Rastplatz und knipse Fotos. Das Womo nennt sie nicht Schnapszahl, sondern «Arbeitszahl».

 

Mir kommt diese Fügung «zur rechten Zeit am rechten Ort» vor wie eine kleine Belohnung für die Pannenhilfe vorhin. Sooo glücklich machen mich kleine Nebensächlichkeiten. «Ich hab`s doch immer gesagt», blinzelt mir Jesus zu: «Selig sind die Armen im Geiste!» Sooou schööön!

 

Das wäre nach meinem Empfinden ein schöner Schluss für den Dezember-Bericht. Aber es geht noch weiter. Dramatisch.

 

Am 19./20. Dezember 21 kriege ich starke Schmerzen am rechten Rückenteil/Lungenflügel? Die Atmung chöderlet spürbar. Diese Nacht zerdöse ich auf dem Beifahrersitz. Liegen kann ich nicht.

 

Der Arzt in Sargans stellt keine bakterielle Belastung fest, das Blut ist rein. Das Röntgenbild zeigt nichts Anormales. Durchs Stethoskop rummelt es in seinen Ohren. Ein Nasentest muss Klarheit schaffen. Auf das Ergebnis muss ich zwei Tage lang warten.

 

In vier Tagen ist Weihnachten. Ich habe versprochen, die «Mitternachtsmesse» in Vilters zu halten. Oh weh! Am Dienstag, 21. Januar erhalte ich um 15.53 Uhr die erlösende SMS: «Getestete Person Geb.-Datum:15.08.1946 Resultat SARS-CoV-2 (RT-PCR): NEGATIV…»

Was der Grund für die Schmerzen war, kennen weder der Arzt noch ich, aber ich bin zusammen mit allen, die davon gewusst und darum gebangt haben, sehr froh über den Verlauf. Meine Schmerzen haben sich nach einem Tag bereits dem Gegenmittel Irfen ergeben.   

 

Nun ist es der 24. Dezember vor Mitternacht. Stefan hat die Kirche sehr aufmerksam geschmückt. Josef spielt schon vor Gottesdienstbeginn mit Instrumentalisten flotte Weihnachtsmusik zur Einstimmung. Sieben wackere Männer reihen sich als Ministranten mit Rauchfass ein. Ich liebe es, an Weihnachten Weihrauch zu schmecken. Es gelingt mir einen bethaften, fröhlichen und auch persönlichen Gottesdienst, wie der Messmer sagt, zu feiern. In der Predigt erzähle ich von Begegnungen mit Menschen auf der Russland-China-Seidenstrasse-Reise zum Thema «Menschwerdung». Vor dem «Stille Nacht» am Ende des Gottesdienstes juckt es mich noch die Geschichte zu erzählen, die mein Freund Albert mir aus dem «Seetaler Bote» von Sr. Karin Zurbriggen zugeschickt hat. Ich gebe sie mit eigenen Worten wieder:

 

«Ein Kunsthistoriker hat sich ein Leben lang gefragt, warum Maria an der Weihnachtskrippe immer so ernst und fast wehmütig dargestellt wird. Niemand konnte ihm diese Frage beantworten, er nahm sie mit ins Grab. Als der dann im Himmel die Gelegenheit wahrnahm und Maria direkt fragte, sagte sie: Ich hätte halt gern ein Mädchen gehabt.»

 

 

Diese Geschichte fasst Jahrzehnte des Ringens von Frauen in der Kirche zusammen und deutet an, wie einfach es wäre, mit Theologen ins Gespräch zu kommen, hätte Maria ein Mädchen geboren, oder gar ein Mädchen und einen Buben?