Reisebericht August 2011    Sooou schööön!                                                                  Lorenz Becker

Du hast wohl Verständnis, wenn deine zufälligen GesprächspartnerInnen sagen, das hat er mir auch grad geschrieben. Nach einem Monat Campererfahrung fasse ich ein paar Eindrücke zusammen und schicke sie dir und anderen.

Noch einmal Abschied: in Ziteil am Montag den 1. August 11. Wie war das schön, mit nochmals so vielen Leuten (über zweihundert) von sehr nah und sehr fern diesen Gottesdienst zu feiern. Mit Dank und Lob, mit Bitten und Vertrauen für unsere gemeinsamen und künftigen Wege zu beten. Ich bedanke mich für die Teilnahme vor Ort oder mit der geistigen Verbundenheit an anderen Orten sehr herzlich. Gott behüte dich und deine Lieben, für die du in besonderer Weise betest!

Ich bin mit meiner Schwester Theres und meinem Schwager Hans zögernd im Büdnerland geblieben, weil uns am Abend des 1. August die Nachricht erreichte, unsere 80-jährige Schwester Bernadette sei ins Spital eingeliefert worden. Was nun? Wir sind mit Station in Cunter und Bivio nach Morteratsch gefahren. Haben schöne Abendspaziergänge gemacht, sind auf den Berninapass gebiket und zum Gletschertor gewandert und zur Forcla Minor rauf und runtergestiegen. Es hat sich herausgestellt, dass es unserer Schwester zunehmend besser geht und sie einen Kuraufenthalt im Walenstadtberg angefangen hat. Etwas erleichtert über diese gute Nachricht haben wir uns nach Müstair abgesetzt und schon bald über den Ofenpass und die Grenze ins Südtirol, durch den apfelgesegneten Vintschgau bis Meran. Bozen umfahren und über Brixen - Bruneck - Toblach - bis nach Sexten. Hier war der Camping überfüllt. Man liess uns aber ungestört mit zwanzig anderen Campern auf den terasseförmig angelegten Parkplätzen der Skiliftstation Sexten in Ruhe die Tage und Nächte verbringen. Mit der Luftseilbahn von Moos haben wir uns auf die Rotwand Alb tragen lassen und sind auf den Kreuzbergpass gewandert und entlang dem munter sprudelnden Bächlein runter zur Liftstation, unserer zeitweiligen Heimat.

Stell dir vor, ich habe mein Womo für ein Mal stehen lassen und bin mit dem ÖV bis zur Rifugio Auronzo unter die drei Zinnen gefahren! Diese haben wir dann bestaunt, die vielen Kletterer in den Wänden und Pfeilern mit dem Fernglas ausfindig gemacht und bei ihrer Arbeit beobachtet und haben die drei Zinnen, auf der Rückseite voll im Regen, umwandert. Es sind schon mächtig schöne Massive, diese Dolomiten. Meine Knie sind immer braver geworden, je mehr ich sie in Bewegung gebracht habe. Die schlaffen Beinmuskelchen sind beim Wandern und Biken erstarkt. Wau, was für ein gutes Gefühl.

Den Kreuzbergpass hoch und runter bis Santo Stefano war für unseren wendigen Camper keine allzu grosse Anstrengung. Am Vorabend zu Maria Aufnahme und meinem Geburtstag am 15. August 2011 haben die Italiener der Feragostotradition gemäss aus dem kleinen Dorf Unmengen gewaltige Raketen abgefeuert. Schönes Vorabendgeschenk. An meinem denkwürdigen 65. Geburtstag haben sehr viele Leute sich gemeldet und noch viele mehr an mich und ich an sie gedacht. Danke, danke. Wenn nicht alle durchgekommen sind oder keine Antwort von mir erhalten haben, hat das damit zu tun, dass mein Handyguthaben von dreihundert Franken sehr rasch auf Null gesunken ist. Zu Hause denkt man, dann werde ich es halt wieder aufladen. Die Realität ist anders. WI FI und Internet sind gar nicht so dicht vorhanden, wie ich  mir das vorgestellt habe. Selbst bei Kontakt bleiben die Daten manchmal im Kriechtempo auf der Strecke. Kaum was zu machen mit kostenlosem sype und viber. Etwas nervig und gar nicht so ring, wie ich gemeint habe. Diese Erfahrung begleitete mich leider alle Wochen hindurch.

Nun, wie ist der Geburtstag verlaufen? Bei all diesen guten Wünschen? Das feine Wohnmobil hat uns über den Tre Croci (drei Kreuze, eins ist zu wenig!) Pass getragen. Ein seltener Regentag. Auf der Fahrt runter, nach Cortina d`Ampezzo hat es wie eine Schlange angefangen zu zischen. Vor und in Cortina brauchst du mit dem Womo dieser Grösse keinen Parkplatz suchen. Meine Schwester hat plötzlich Nässe in den Teppichen entdeckt. Sie kniete sich zusammen mit meinem Schwager mit sämtlich vorhandenen Tüchern und Lappen zum Trocknen hin. So habe ich, ohne ihre Führung und ohne anhalten zu können, das Städtchen zweimal im Kern umrundet und endlich einen Ausweg und Parkplatz gefunden. Aus einem Stauraum ergossen sich mir beim Öffnen etwa zwanzig Liter Wasser vor die Füsse. Alle Stauräume hat`s erwischt und der grösste Teil von den zweihundertzwanzig Litern hat sich während der Fahrt auf die Strasse entleert, was an diesem Regentag niemand bemerkt hat. Das war nun mein Geburtstagsfest! Eine ungesicherte Wasserleitung hat sich am Wärmetauscher angelehnt und ist durchgeschmort! He, da war doch schon was mit dem zerfetzten Rippenriemen und jetzt dieser Wasserschaden! Bei wärmsten Sonnenschein haben wir am andern Tag unsere gesamte Habe, und das ist in diesem Moment nicht wenig, rausgerissen und an der Sonne getrocknet. Noch drei Tage lang hat uns das Flicken der Leitung mit unseren Klebebändern und Schnüren beschäftigt, und ist erneut Wasser ausgetreten, bis wir mittels Nippel, Klemmen und einem Stück Schlauch, der berstenden Leitung Herr geworden sind.

Das Wäsche und Behältnisse Trocknen auf dem Pordoi Pass und die Abendwanderung, um Sicht auf das Marmolada Gebirge zu bekommen, sind trotz allem schöne Erlebnisse. Der Kurven vom Passo di Falzarego und des Pordoipasses sind es viele. Aber so echt eng und kurvig will ich mit dem Wohnmobil erst das Sellajoch um die Sella-Gruppe der Dolomiten runter ins Grödnertal nach Kastelruth und später den Staufenpass von Sterzing rauf und runter bis zum Andreas Hofer Geburtshaus zwischen St. Leonhard und St. Martin  nennen. Da ist ja ganz unten bei Sterzing schon ein Anhängerverbot aufgestellt und da wird`s auch für ein achteinhalb Meter langes Gefährt ziemlich eng. Und wenn man von der Passhöhe eintausend vierhundert Meter runterschaut und sagt, dort unten und liegt das Dorf, das wir erreichen wollen, so in der Nähe des Andreas Hofer Geburtshauses, gibt`s nichts, als dem Motor und den Bremsen zu vertrauen. Schilder mit der Aufschrift: Achtung, herausragende Felsen, helfen wirklich, diese gnadenlose Abfahrt schadlos zu überstehen. Zeit, uns auf einem Fabrikareal im Passeiertal auszuruhen und Kopf und Füsse in der Passer zu kühlen. Auf diesem Fabrikareal von Hoppe können Sie die ganze Woche stehen bleiben, meint der Nachtwächter, hier sind Ferien. So lieb!

Fast immer sind die Campingplätze in dieser Saison prallvoll und fast immer von liebenswerten Leuten bestellt. So zwischen Sais / Völs, wo man uns, statt wegzuschicken, für wenig Geld auf dem Versäuberungsplateau stehen lässt!

Ein weiteres Malheur gab`s vorher auf der alten Brennerstrasse. Hoch über uns das Kloster Säben. Da kommt es bei uns unten zu einem Spiegelkuss, so nenne ich das! Man fährt hier mit siebzig, achtzig Stundenkilometern. Ich kreuze einen bulligen Lastwagen. Für beide gibt es genügend Platz. Dann kracht es. Mein linker Aussenspiegel hat den Aussenspiegel eines hinter dem grossen Lastwagen folgenden Fahrzeugs geküsst. Zu eng und verkehrstoll um zu halten. Also weiter. Die Rückfahrkamera ersetzt den zersplitterten Aussenspiegel bis zum nächst bekömmlichen Parkplatz. Hier drückt mein Schwager den ausgerenkten Spiegel wieder zurecht und die etwas zersplitterte Sicht reicht noch über die kommenden Tage für die sichere Überfahrt über Reschenpass und die kurvige kleine Passstrasse zwischen Nauders und dem Grenzort Martina. Bei Scuol hatten wir wieder Lust aufs Biken bis nach S-Charl in dieses eindrücklich verwitterte Tal und auf der andern Seite hoch weit über Ftan hinaus.  Das kleine Fernglas und der Fotoapparat wie immer zur Hand.  Schliesslich sind wir über den Flüelapass wieder zurück ins St. Galler Oberland gekommen. Hier beschäftigt uns in erster Linie die Gesundheit meiner Schwester Bernadette und hören, wie sie aufgestellt am 1. September 11 nach Hause kommen will. Mein Schwager Josef Winiger hingegen hofft noch auf eine harmlose Klärung seines Blutverlustes und seiner Müdigkeit, während er sich im Spital Walenstadt allen möglichen Untersuchungen unterzieht.

Ich selber bin auf der ganzen ersten Fahrt mit meiner Begleitcrew gesund geblieben. Theres und Hans haben das Wohnmobil vom Innersten nach aussen mit mir zusammen kennengelernt. Theres hat alle Kochkünste auf dem Gasherd ausgefahren. Allein der Gasbackofen bleibt etwas unter der gewünschten Temperatur. Dutzende kleine Annehmlichkeiten sind in diesem Monat am Womo hauptsächlich durch meinen Schwager Hans verändert oder angebracht, erprobt und ausgefeilt worden.

Jetzt nehme ich die Gelegenheit von ein paar Heimstunden wahr, meinen Espace, der Ende Juli bei Kilometerstand 297000 ohne mich seinen Geist aufgeben wollte, zu entsorgen. Die von Kaspar geschenkten Nivelierunterlagebretter, die sich schon einige Male bestens bewährten, um ein paar cm zu schmälern, damit sie noch besser in die Garage reinpassen und dort auch ihren Dienst tun. Mit meinem Wohnmobilcenter in  Arbon einen Termin für die bereits nötigen Reparaturen (Wasserschlauch, Aussenspiegel) zu vereinbaren. Ebenso mit dem e-bike Händler in St. Gallen, um das defekte Ladegerät ersetzt zu bekommen. Das e-bike leistet bei allen Erkundungen und Einkäufen einen riesigen Dienst. Es macht sofort Spass auszureiten!

Alle diese Termin-Arbeit ist aber ganz schwierig zu tätigen, weil in Vilters, meinem Heimatort, wo noch sieben meiner Geschwister- und Verwandtenfamilien leben, man sich auf der Strasse und in den Gärten begegnet. Wo die Nachbarn noch an allem Anteil nehmen und man sofort auszutauschen weiss. Und schliesslich habe ich das tiefe Gefühl in mir, ich muss ja gar nicht weiter, weiter, weiter. Ich darf einfach da sein und das Leben teilen und geniessen. Es geht bestimmt wieder weiter, aber alles zu seiner Zeit. Soooou schööön.

 

Das Fahren in der Höhe meines Wohnmobilsitzes ist absolut Spitze. Auch das Handhaben des Gerätes macht mir Spass beim Fahren. Technisch ist so alles drin, was das Herz begehrt. Die Pannen waren zu bewältigen, weil das Wetter immer wieder stimmte und wir alle drei sehr cool geblieben sind. Das Womo ist absolut passtauglich. Jeweils nach zwei Tagen Sesshaftigkeit habe ich schon gar nicht mehr gewusst, wann ich angekommen bin, erst grad oder vor Wochen? Der Gedanke, dass meine Zigeunerei so schnell nicht aufhören muss, macht mich sehr froh und erlebnishungrig. Schlechte Erfahrungen haben wir in diesen Wochen keine gemacht, wohl aber s ehr viele freundliche, hilfsbereite Menschen angetroffen. Auch beim wilden Campen im Südtirol gab`s keine Lämpen, nicht mit der Polizei, nicht mit der Bevölkerung. Das Wohnmobil ist wirklich mein Zuhause! Junge, du machst es gut.  Jetzt wünsche ich auch dir das Gute vom Besten und bleibe mal offen für die nächste Begegnung mit dir. Ganz liebe Grüsse Lorenz                Carthago high line 59 LEB mit ZG 90498